Gesund beginnt im Mund

Birgit Mandel
Birgit Mandel, Dentalhygienikerin

Ernährung und orale Gesundheit hängen eng zusammen

Der Mundraum ist der Spiegel der gesamten körperlichen Gesundheit. Kranke Zähne, Plaque oder entzündetes Zahnfleisch können dazu führen, dass sich Bakterien auf tieferliegendes Gewebe wie zum Beispiel den Kieferknochen und unter Umständen auch auf alle anderen Organe ausbreiten.

Quelle: Birgit Mandel

Heute weiß man, dass es einen Zusammenhang zwischen der biologischen Zahnheilkunde und der allgemeinen Gesundheit und Fitness gibt. So haben Menschen mit unbehandelten Zahnfleischentzündungen beispielsweise ein deutlich erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die moderne Zahnmedizin verfolgt daher einen ganzheitlichen Ansatz unter dem Motto „An jedem Zahn hängt ein ganzer Mensch“. Eine ausführliche Untersuchung von Zähnen und Weichgewebe ermöglicht eine gezielte Diagnose, um entsprechende ganzheitliche Lösungsvorschläge und Therapieansätze für unsere Patienten zu erarbeiten.

Diese Wechselbeziehung zwischen den Zähnen und dem übrigen Organismus ist leider den wenigsten Menschen bewusst. Deshalb fühle ich mich als Dentalhygienikerin und ganzheitliche Ernährungsberaterin berufen, meinen Patienten die Zusammenhänge zu erklären, sie zu beraten und ihnen zur Seite zu stehen. Die Herausforderung besteht darin, die Erkenntnis, dass die Ernährung Basis für eine insgesamt gute Gesundheit und Mundgesundheit ist und Nährstoffdefizite unweigerlich zu gesundheitlichen Problemen führen, in der täglichen Praxis umzusetzen. Intention ist es, unseren Patienten nicht nur zu einer besseren Zahn-, Interdental- und Mundhygiene, sondern auch zu einer gesunden Ernährung mit gegebenenfalls Substitution von Vitalstoffen zu motivieren. Es geht um integrative Maßnahmen, die sowohl den Mundraum als auch den Organismus gesund halten.

Ein gesunder Mund ist der Schlüssel für körperliches Wohlbefinden

Neben dem gründlichen Blick auf die Zähne und die Gingiva kontrolliere ich in jeder Prophylaxesitzung sorgfältig die Mukosa auf verschiedene Auffälligkeiten. Entzündungszeichen wie Rötung, Ausdehnung, Schwellung, Spontanblutung auf Druck oder stark trockene Schleimhäute sind dentale Veränderungen, die umfangreiche Maßnahmen erfordern. Basierend auf einer ausführlichen Anamnese, auch in Betrachtung einer etwaigen Mangelernährung, können Veränderungen diagnostiziert werden wie beispielsweise:

  • Karies, Wurzelkaries
  • Xerostomie
  • Schleimhautschäden
  • Mulden- und Randzackenbildung
  • Attritionen, Abrasionen, Erosionen
  • Rhagaden (kleine Risse in der Haut der Mundwinkel)
  • Exogene und endogene Risikofaktoren im Allgemeinen
  • Fortgeschrittene Parodontalerkrankungen
  • Schmelzverfärbungen der Zähne (dunkler, gelber, grauer)
  • Vermehrte Demineralisierung
  • Erhöhte Transparenz der Zähne
  • Atrophie der Muskulatur
  • Druckstellen bei Prothesenträgern
  • Keilförmige Defekte (meist Putzdefekte)
  • Zungenhypertrophie
  • Starke Alveolarkammatrophie
  • Zungendiagnostik, zum Beispiel Halitosis, Zungenbrennen

All diese Faktoren können die allgemeine Gesundheit und Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.

Ausführliche Anamnese: Voraussetzung für eine professionelle Diagnose

Nach durchgeführter intraoraler Anamnese leite ich ein Gespräch mit unseren Patienten ein. Um diese zu Beginn einer Behandlung abzuho- len, hat es sich bewährt, neben der Allgemein-, Familien- und speziellen Anamnese (vor allem Polypharmazie), auch ganz allgemeine Fragen zu integrieren. Ich beginne das Gespräch mit dem Schwerpunkt auf die Zähne. Damit gebe ich ihnen die Möglichkeit, sich zu öffnen. Im Verlauf folgen konkretere Fragen zu den Ernährungsgewohnheiten. Beispiele sind:

  • Haben Sie Interesse an einer Ernährungsberatung?
  • Sind Sie zufrieden mit Ihrem Ernährungsstatus?
  • Was trinken Sie über den Tag verteilt?
  • Trinken Sie oft säurehaltige Getränke?
  • Essen Sie öfter zuckerhaltige Lebensmittel Süßwaren?
  • Leiden Sie an Sodbrennen?

Insbesondere Sodbrennen kann ein Anzeichen für eine Dysbiose im Darm sein, welche wiederum mit einer Mikronährstoffsubstitution, spe- ziell mit einer Darmsanierung behandelt werden kann.

Um das eigene Zeitmanagement in der Praxis einzuhalten, empfehlt es sich bei Bereitschaft unserer Patienten, ein Ernährungsprotokoll mit- zugeben, mit der Bitte, mindestens sieben Tage, optimalerweise 10 bis 14 Tage konsequent alle Nahrungsmittel und Getränke mit Zeitangabe einzutragen. Aktive Mitarbeit ist ein Schlüssel fürs Gelingen. Gemeinsam besprechen wir anschließend die Auswertung der individuellen Ernährungsgewohnheiten und geben Hilfestellung, wie sich Schritt für Schritt das Wohlbefnden mit einer Ernährungsumstellung positiv ver- ändern lässt.

Es sollte insbesondere darauf geachtet werden, säurebildende Nah- rungsmittel und Getränke zu reduzieren oder bestenfalls ganz zu er- setzen, den Gemüse- und Obstanteil zu erhöhen, die Menge an entzündungsfördernden Nahrungsmitteln zu reduzieren und gute Fette wie zum Beispiel Omega 3-Fettsäuren zuzuführen. Je besser unsere Patienten mitarbeiten, desto effektiver lassen sich exogene und endogene Risikofaktoren reduzieren.

Ein gesunder pH-Wert ist das A und O

Durch den dentalen Bioflm verursachte parodontale Erkrankungen zeichnen sich durch entzündliche Veränderungen der Gingiva sowie des gesamten Zahnhalteapparates aus. Die Entwicklung einer Parodontitis kann auch anteilig durch eine genetische Prädisposition sowie signifkant von Lifestyle-Faktoren wie Rauchen, Typ-2-Diabetes und Stress bestimmt werden. Aufgrund der multifaktoriellen Genese der Parodontitis ist eine Ernährungsberatung unumgänglich. Parodontitis ist eine chronische Entzündung infolge einer bakteriellen Infektion. Die entsprechenden Bakterien leben im Zahnbelag. Gleichzeitig ist Parodontitis eine Autoimmunerkrankung, also Resultat eines geschwächten Immunsystems („unbalancierte“ Immunantwort), in Verbindung mit einer oft unzureichenden Mundhygiene und ganz besonders in Verbindung mit einer falschen Ernährungsweise sowie Mangel an Vital-, Mineralstoffen und Aminosäuren.

Folgende biochemische Faktoren haben starken Einfluss auf das Milieu sowie unsere Immunantwort:

  1. Ernährung
  2. Säure-Basen-Haushalt
  3. Freie Radikale, oxidativer Stress und Antioxidantien
  4. Dysbiose

Für eine fehlerfrei ablaufende Biochemie des Organismus ist die Zufuhr gesunder Lebensmittel notwendig. Falsche beziehungsweise ungesunde Ernährung kann im hohen Maße zu einer chronischen Übersäuerung des Gesamtorganismus führen. Die Übersäuerung als Veränderung des physiologischen Milieus verhindert wiederum einen funktionierenden Energiestoffwechsel. Damit haben durch Bakterien ausgelöste Infektionsgeschehen eine gute Chance, sich zu verbreiten. Viele Krankheiten haben als Ursache eine Gewebsübersäuerung, und die meisten dieser Erkrankungen stehen auch im Zusammenhang mit einer Parodontitis.

Zur Abklärung des Säure-Basen-Status kann neben dem Ernährungsplan auch eine Messung mit pH-Indikatorpapier stattfnden. Besonders wichtig ist jedoch die Ernährungsumstellung in Richtung basischer Nährstoffe, das Trinken von ausreichend Wasser und regelmäßige sport- liche Bewegung im anaeroben Bereich, um Säuren abzubauen.

Antioxidantien für Immunsystem und Gesundheit

Freie Radikale, die zum einen ständig vom Körper gebildet werden und zum anderen auf verschiedenen Wegen wie etwa über Nikotin, Alkohol, Stress oder UV-Strahlen in den Körper gelangen, haben einen schlechten Ruf. Es handelt sich bei ihnen in erster Linie um natürliche Stoffwechselprodukte, die bei allen Stoffwechselvorgängen entstehen, an denen Sauerstoff beteiligt ist. Erst zu viele freie Radikale sind schädlich für die Zellstrukturen und verursachen oxidativen Stress, in dessen Folge Körperzellen dauerhaft geschädigt werden. Im Ergebnis werden das Immunsystem geschwächt, entzündliche Krankheiten gefördert, Herz-Kreislauf-Beschwerden, Krebs und die vorzeitige Hautalterung begünstigt. Um Freie Radikale abzuwehren beziehungsweise zu neutralisieren, helfen sogenannte Antioxidantien. Das sind verschiedene Stoffe, die der Körper in Form von Hormonen und Enzymen selber bildet oder die über die Ernährung zugeführt werden und dann die körperliche Gesundheit in allen Bereichen unterstützen.

Zu den potenten Antioxidantien gehören neben Vitamin C als essenzieller Aktivator auch Vitamin E, Folsäure, Selen, Zink, Oligomere Proanthocyanidine (OPC) und Coenzym Q10. Um bei jeder Parodontalbehandlung einen erwünschten Attachmentgewinn zu erzielen, sind zusätzlich die Vitamine D (Vitamin D-Spiegel bestimmen lassen!), K2 (Menachinon), B6 und B9 wichtig. Natürlich gibt es noch weitere Mikronährstoffe, die das parodontale Geschehen positiv beeinflussen können. Kombinationspräparate wie zum Beispiel die bilanzierte Diät Itis-Protect von hypo-A mit hochreinen und aufs orale Geschehen abgestimmten Mikronährstoffen können die Parodontaltherapie sinnvoll unterstützen.

Gesunde Ernährung für gesunde Zähne

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt derzeit neun Hände an Gemüse und Obst pro Tag (Regenbogenteller), um als ge- sunder Mensch gesund zu bleiben. Deshalb muss im Rahmen der Ernährungsberatung bei Parodontalpatienten ein großes Augenmerk auf biologisch angebautes, regionales Gemüse, Obst und Kräuter gelegt werden. Gute Quellen für Vitamin C (Ascorbinsäure) sind Paprika, Fenchel, Brokkoli, Rosenkohl, Sanddorn, Johannisbeeren, Hagebutte, Petersilie und Gartenkräuter. Folsäure ist vermehrt in Weizenkeimen, Sojabohnen oder Grünkohl und Spinat zu finden. Die Supplementierung von Folsäure hat schon seit langem Einzug in die Schulmedizin bei Schwangeren gefunden. Ein Folsäuremangel zeigt sich zum Beispiel durch Entzündungen der Zunge, Brennen, Schwellung und Risse der Lippen oder Rhagaden. Geeignete Lieferanten für Mineralien und Spurenelemente (Zink) sind Weizenkeime, Nüsse, Vollkornprodukte und auch viele Gemüsesorten.

Bei Erkrankten ist die ausreichende Zufuhr von Zink über die Nahrung schwer möglich und eine Substitution mit Mikronährstoffen notwendig. Gute Kalziumlieferanten sind Sesam, Mandeln, Grünkohl, Amaranth. Omega 3-Fettsäuren wirken hemmend auf Entzündungen. Diese sind vor allem in fettreichem Fisch wie Hering, Wildlachs oder Makrele zu finden. Allerdings muss man bei Seefischen immer daran denken, dass problematische Schwermetallbelastungen auftreten können! Die Erhöhung der Zufuhr von Omega 3-Fettsäuren und anderen relevanten Mikronährstoffen kann vor, während und nach einer Parodontitisbehandlung mit hochwertigen Nahrungsergänzungsmitteln wie Itis-Protect sichergestellt werden. Um den konkreten eigenen Nährstoffstatus zu eruieren, ist durchaus eine Vollblutmineralanalyse sinnvoll, die von Spezialisten durchgeführt wird.

Das Mikrobiom der Mundhöhle im symbiotischen Gleichgewicht halten

Die Ernährungsberatung in der Zahnarztpraxis ist meist eine wertvolle Ressource, die parodontale Therapie und Prävention in der Prophylaxe wirkungsvoll zu unterstützen. Jedoch ist die professionelle Unterstützung allein nicht ausreichend, wenn von unseren Patienten keine Bereitschaft, Disziplin, Zeit und Geduld vorhanden ist.

Ich als Fachfrau fühle mich dafür verantwortlich, meine Patienten bei der oralen Gesundheit, der Ernährung, wie auch bei dem allgemeinen Wohlbefinden tatkräftig zu unterstützen. Regelmäßige professionelle Zahnreinigung und gute häusliche Mundhygiene sind weiterhin die wichtigsten Parameter für ein symbiotisches Gleichgewicht im oralen Milieu und das allgemeine körperliche Wohlbefinden.

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