Bleaching in der Praxis und zu Hause

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Birgit Thiele-Scheipers

Aktuelle Studien zeigen, dass sich 85 Prozent der Bevölkerung hellere Zähne wünschen. Ein strahlendes Lächeln vermittelt Selbstbewusstsein, Schönheit und Erfolg. Allerdings herrscht sowohl beim Praxispersonal als auch beim Patienten Unsicherheit über das „richtige“ und „beste“ Bleaching-System. Zudem gibt es häufig Kommunikationsschwierigkeiten auf beiden Seiten, inwieweit diese Möglichkeit der Zahnaufhellung angesprochen werden soll.

Medizinisches Bleaching

Das medizinische Bleaching ab einer Konzentration von 0,1 Prozent Wasserstoffperoxid kann über verschiedene Systeme in der Praxis angeboten werden. Sowohl das Chairside-Bleaching mit UV-Lampe und Konzentrationen von 6 Prozent beziehungsweise 32 Prozent Carbamidperoxid/Wasserstoffperoxid (diese Konzentrationen werden durch die UV-Lampe verdoppelt), als auch das Boost Bleaching mit circa 40 Prozent Wasserstoffperoxid gehören zu den Methoden, die direkt in der Praxis am Patienten durchgeführt werden. Das endgültige Ergebnis ist bereits nach einer Sitzung erkennbar und ist laut Herstellern mindestens zwei Jahre und länger sichtbar. Patienten schätzen diese Bleaching-Verfahren sehr, da es vom Fachpersonal professionell in der Praxis durchgeführt wird und sie mit einem fertigen Ergebnis in nur einer Sitzung die Praxis verlassen.

PZR/PMPR vor dem Bleaching?

Vor jedem Bleaching-Verfahren sollten alle harten und weichen Ablagerungen entfernt werden. Extrinsische Verfärbungen werden bei der PZR/PMPR entfernt, intrinsische bei der Farbumwandlung von dunkel nach hell beim Aufhellungsvorgang. Der Mindestabstand zwischen der Zahnreinigungssitzung und der folgenden Bleaching-Sitzung sollte etwa eine Woche betragen, damit die Gingiva blutungsfrei ist und die Fluoridierungsmaßnahme nach der PZR/PMPR nicht die Aufnahme des Bleaching-Gels hemmen sollte.

Tipp: Bittet den Patienten mindestens 48 Stunden vor dem Bleaching-Termin keine fluoridhaltigen Produkte mehr zu verwenden, denn je „härter“ der Zahnschmelz, umso schwieriger die Wirkungsweise des Bleaching-Verfahrens.

Einige Hersteller bieten im Bleaching-/Whitening-System Zahnpasta (z. B. mit dem Wirkstoff Hydroxylapatit) an, die vor und nach dem Bleaching verwendet werden kann. Zusätzlich bieten diese Präparate nach dem Aufhellungsprozess durch ihre Zusammensetzung einen Schutz vor erneuten Farbeinlagerungen von Tee, Kaffee, Rotwein und färbenden Gewürzen. Im Aufklärungsgespräch solltet ihr die Patienten bereits darüber informieren, dass nach dem Bleachen mindestens 24 bis 48 Stunden eine sogenannte „weiße Diät“ eingehalten werden sollte. Alle Lebensmittel mit Farbeinlagerungen sind zu meiden, dasselbe gilt für säurehaltige Produkte.

Die Bedeutung der Dehydration und Rehydrierung

Die Zähne werden während des Bleaching-Vorgangs dehydriert (Austrocknen des Zahnes) und werden durch den Speichelfluss nach dem Bleachen wieder rehydriert (Durchfeuchten des Zahnes). Dieser Vorgang kann bis zu zwei Tage dauern. In dieser Zeit kann der Patient leichte Sensibilitäten an den „ausgetrockneten“ Zähnen spüren. Diese Empfindlichkeiten können durch Produkte, die im Bleaching-System vieler Anbieter vorhanden sind, sehr gut eingedämmt werden. Zahnpasten mit Sensitiv-Wirkstoffen können zusätzlich eingepinselt oder als Zahnpflege verwendet werden. Vermeidung von säurehaltigen Lebensmitteln hilft, diese Sensibilitäten nicht noch mehr zu fördern und die Vermeidung von färbenden Lebensmitteln bewirkt auf den rehydrierten Zähnen nicht die sofortige Entstehung neuer extrinsischer Verfärbungen.

Kontrolle der Zahnfarbe

In der Regel ist erst nach etwa 14 Tagen das endgültige Bleaching-/Whitening-Ergebnis zu sehen. Zu diesem Zeitpunkt kann gegebenenfalls ein Kontrolltermin vereinbart werden, um die endgültige Zahnfarbe zu dokumentieren, die Erneuerung von Frontzahnfüllungen zu planen. Auch eine Zahnersatzplanung kann nun besprochen werden. Neuere Kunststoffe bleachen teilweise mit, sodass es zu keinem Austausch der vorhandenen Füllungen kommen muss. In den Wintermonaten, wenn die Haut eher blass ist, haben viele Patienten subjektiv das Gefühl, dass die Zahnfarbe dunkler wird – in den Sommermonaten bei dunklerer Haut erscheinen die Zähne dann wieder heller. Zudem werden die Patienten mit der Zeit „farbblind“ und haben sich so sehr an die neue Farbe gewöhnt, dass sie sich nicht mehr an ihre gelblich, gräuliche Ausgangsfarbe vor dem Bleachen erinnern.

Tipp: Macht mit der Praxiskamera oder mit dem Patientenhandy vor und nach dem Bleachen Dokumentationsfotos mit Farbring – gegebenenfalls auch in nachfolgenden PZR/PMPR-Sitzungen. Die Lichteinfälle und die Sitzposition sollten möglichst gleich sein und für eine gute Sicht helfen Fotohalter, Optragates und Lippen-Wangenhalter.

Home-Bleaching: Anwendung und Grenzen

Niedrigere Konzentrationen (6 bis 10 Prozent) können unter kontrollierter! Mitgabe dem Patienten als vorgefertigtes oder individuelles Schienen-Bleaching (mit Gelspritzen) als „Take Home-Methode mitgegeben werden. Dieses Verfahren wird gerne als Refreshing oder Einstiegsmethode gewählt. Hierbei sollte als Ausgangszahnfarbe nicht unbedingt eine B-, C- oder D-Zahnfarbe vorhanden sein, da ein sichtbares helleres Ergebnis mit niedrigen Konzentrationen schwierig zu erzielen ist. Zudem dauert es häufig mehrere Wochen, bis ein Ergebnis sichtbar wird. Viele Patienten haben nicht die Geduld für längere Aufhellungsprozesse und sind von der geringen Farbveränderung oft enttäuscht. Hellere Ausgangsfarben dagegen können durch niedrig dosierte Materialien relativ zeitnah und effektiv „aufgefrischt“ werden.

Tipp: Vor jedem Bleaching muss der Patient einen Checkup-Termin in der Praxis bekommen! Es muss sichergestellt sein, dass beim erneuten Bleachen keine Risiken, wie etwa kariöse Defekte, Schmelzrisse oder parodontale Probleme, vorhanden sind. Diese Untersuchung kann mit einem 01-Termin kombiniert werden. Zudem muss kontrolliert werden, wie häufig Gel für das Home-Bleaching nachgekauft wird, um unkontrolliertes Bleachen zu vermeiden. Sowohl bei zu häufigem Power- oder Home-Bleachen können die Zähne transparent werden, da zu viele Farbpartikel herausgelöst werden. Die Transparenz lässt die Zähne durch die dunkle Mundhöhle dann eher gräulich erscheinen.

Als Faustregel gilt: Power-Boost Chairside Bleaching/Whitening nicht häufiger als einmal jährlich – alle weiteren Take-Home-Methoden bei kontrollierter Ausgabe des Bleaching/Whitening-Materials.

Kosmetisches Bleachen: Möglichkeiten und Gefahren

Die kosmetischen Bleaching-/Whitening-Produkte mit Konzentrationen bis 0,1 Prozent Wasserstoffperoxid sind frei verkäuflich und zahlreich als Stripes, Gels oder Pasten in Drogeriemärkten und online erhältlich. Diese Produkte haben auf Nachfrage viele Patienten schon einmal ausprobiert und keinen oder nur einen sehr geringen, kurzfristigen Effekt festgestellt, was mit der niedrigen Konzentration zusammenhängt. Leider boomt der Markt mit Do-it-yourself Produkten und gerade jugendliche Patienten probieren durch die sozialen Medien Aufhellungsverfahren aus, die gelegentlich durch ihre Zusammensetzung und eine falsche Anwendung zu schweren Schleimhautirritationen führen können. Aktivkohle-Pulver, das häufig als Aufhellungszusatz sowohl in Bleaching-Materialien als auch in Whitening Zahnpasten enthalten ist, ist äußerst abrasiv und raut die Schmelzoberfläche stark an.

Patienten-Kommunikation

Solche Zusammenhänge sind Teil eines Aufklärungsgespräches, welches wir individuell mit dem Patienten führen. Aufklärung und Information über Bleaching/Whitening-Angebote in Eurer Praxis sollte der Patient bereits auf der Homepage und im Praxisbereich finden. Je mehr Ihr informiert, umso mehr erfährt der Patient, was Ihr in Eurem Prophylaxe-Konzept anbietet. Die aktive Ansprache und Nachfrage vor, während oder nach der Behandlung, ob Interesse an Bleaching besteht, gehört zum Konzept der Kommunikation. Patienten haben in der Regel Interesse an einer helleren Zahnfarbe, warten aber oft die aktive Ansprache des Fachpersonals ab.

Aufklärungsgespräch

Es gibt keine Garantie dafür wie hell/weiß die Zähne durch Bleaching werden. Das Ergebnis ist jedoch immer besser als der Farbzustand vorher. Risiken, wie gegebenenfalls Hypersensibilitäten bei etwa 9  Prozent der Patienten, während und nach dem Aufhellungsvorgang mit Power-Bleaching-Methoden, solltet Ihr mit dem Patienten besprechen. Viele Firmen bieten bereits vorgefertigte Aufklärungsbögen an, die der Patient als Einwilligung für die Behandlung unterschreibt. Bei der richtigen Auswahl der Aufhellungsmethode gelingen 95 Prozent.

Europäische Medizinverordnung

Die Europäische Medizinverordnung besagt: Vor jedem Bleaching muss ein Arzt in den dentalen und gingivalen Befund kontrollieren. Das ist eine an das Fachpersonal delegierbare Maßnahme.

Bleaching bei Zahnersatz-Planung

Bei vorhandenem hellerem Zahnersatz kann versucht werden, die altersbedingt nachgedunkelte Zahnfarbe den anderen Zähnen anzugleichen. In der Regel sollte jedoch das Aufhellungsverfahren vor der Zahnersatzplanung durchgeführt werden, um dann eine genaue Farbauswahl des Zahnersatzes treffen zu können.

Tipp: Denkt bitte bei allen Bleaching-/Whitening-Verfahren daran, die Patienten in der Take-Home-Anwendung in der Dosierung des Gels in der Schiene genau zu unterweisen, damit das Gel nicht beim Einsetzen überquillt und die Schleimhäute irritiert. Genauso wichtig ist das korrekte Auftragen und Aushärten des Schleimhautschutzes (Liquiddamm) beim Power-oder Boost-Chairside-Bleaching in der Praxis!

Zusammenfassung

Bleaching-Whitening-Verfahren sind in der zahnärztlichen Praxis an die MitarbeiterInnen delegierbar. Vorstellung und Einführung von Zahnaufhellungsmethoden werden von Außendienstmitarbeitern der Firmen durchgeführt. Somit kann jede Praxis herausfinden und entscheiden, welches System in das Prophylaxe-Konzept passt. Die Erfahrung zeigt, dass es Sinn macht sich für ein Take-Home-Material mit niedrigdosierter Konzentration und ein medizinisches Verfahren mit Power- oder Boost-Effekt in der Praxis zu entscheiden.

Viele Patienten wünschen sich eine hellere Zahnfarbe. Aufklärung und Information, dass es ein Bleaching-Whitening Konzept in der Praxis gibt, gehört zum Marketingkonzept. Eine aktive Ansprache zum Beispiel während oder nach der PZR/PMPR-Sitzung ist ein guter Zeitpunkt, den Patienten individuell darüber zu informieren. Nicht jeder Patient benötigt oder verlangt nach „helleren“ Zähnen, aber es gehört heutzutage oft zur Lebensqualität und zum Schönheitsideal dazu. Versprecht dem Patienten nicht wie viele Nuancen die Zähne nach dem Aufhellungsverfahren heller sind, das Ergebnis ist immer individuell und vorher nicht absehbar. Das Ergebnis ist jedoch in der Regel immer besser als vor dem Bleaching.

24 bis 48 Stunden eine weiße Diät einzuhalten bewirkt, dass die Zähne nach dem Dehydrieren erst wieder Rehydrieren können und eine Schutzschicht gebildet wird, damit erneute Verfärbungen nicht sofort wieder eingelagert werden. Der Verzicht auf säurehaltige Lebensmittel fördert die Vermeidung von Hypersensibilitäten, die bei 9 Prozent der Patienten nach dem Bleaching auftreten kann.

Kosmetisches Bleachen mit Konzentrationen bis 0,1 Prozent bei frei verkäuflichen Produkten in Drogeriemärkten suggerieren nur einen kurzfristigen „Erfolg“ und können bei nicht sachgerechter Anwendung Schleimhautirritationen auslösen.

Durch das medizinische Bleachen in der Praxis können wir nachhaltige und professionelle Verfahren anbieten. Es gibt kein besseres oder schlechteres System – mit UV-Lampe oder ohne – wichtig ist, dass Ihr Euch entscheidet mit welchen Verfahren Ihr arbeiten möchtet und wisst, in welcher Konzentration (6 / 10 / 32 / 40 Prozent et cetera) Ihr das Material verwendet.

Kontraindikationen für Bleaching/Whitening

  • entzündete Gingiva, Gingivitis, Parodontitis
  • Karies, Erosionen
  • unzureichend prothetisch versorgte Patienten
  • Bulimie-Patienten
  • Patienten unter 18 Jahren (Pulpencavum sollte abgeschlossen sein) – nur in Ausnahmefällen mit schriftlicher Einverständniserklärung der Erziehungsberechtigten ggf. bei Indikation stark verfärbte Zähne
  • überstehende Füllungsränder
  • MIH
  • Schwangere, Stillende
  • schwerstgradige Fluorosen
  • Hypermineralisation
  • starke Raucher – das Ergebnis ist nicht sicher
  • Chemo-/ Strahlenpatienten (Rücksprache)

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