Gruselzahnarzt & Schockerpraxis – Teil 2

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Susanne Axmann

Das Grauen geht weiter…

Bevor ich Coach für Qualitätsmanagement, Hygienemanagement und Azubiausbildung wurde, besuchte ich als Patient eine Zahnarztpraxis, die mich genau dazu bewegte. Kein Patient sollte mehr das erleben, was ich dort erlebt hatte. Im ersten Teil dieser Serie hatte ich euch schon mit in die Praxis genommen und ihr durftet miterleben, wie die Begrüßung und das Wartezimmer waren.

Heute geht unsere gemeinsame Reise in die Patiententoilette. Ob diese überzeugen kann oder ob es ähnlich schauderhaft wie das Wartezimmer ist, entscheidet selbst.

Wie ihr euch vielleicht noch erinnern könnt, habe ich einen Anamnesebogen zum Ausfüllen mitbekommen, als ich ins Wartezimmer gesetzt wurde. Diesen gebe ich nun ausgefüllt an der Rezeption zurück und gehe auf die Toilette. Eine kleine Tür, mit einer lockeren Türklinke. Hoffentlich komme ich da auch gleich wieder raus.

Ich suche den Lichtschalter und als ich ihn finde, beleuchtet eine grelle, nackte Glühbirne den Raum. Ein ranziger Geruch nach altem Klostein und Urin liegt in der Luft. Vorsichtig klappe ich den Toilettendeckel nach oben und hoffe dabei, dass das wackelige Teil nicht gleich abfällt, am besten, wenn ich draufsitze.

Als ich fertig bin und toitoitoi nicht nebst Toilettenbrille runtergefallen bin, fällt mir auf, dass das Toilettenpapier leer ist. Eine neue Rolle steht schon leicht angefeuchtet am Waschbeckenrand. Ich wechsele die Rolle aus und möchte die alte Rolle in den Mülleimer werfen. Das Fußpedal funktioniert aber nicht und ich muss den verschmierten Deckel mit spitzen Fingern anheben. Dabei fällt mir der halbe Mülleimerinhalt vor die Füße. Ich versuche nun alles möglichst ohne Berührung wieder in den Mülleimer zu stopfen, was aufgrund der Größe des Eimers und der Menge des Mülls sehr schwierig ist. Beim anschließenden Händewaschen bemerkte ich dann, dass der Seifenspender leer ist. Also wasche ich mir notdürftig die Hände mit Wasser ab. Danach nehme ich mir ein paar  Papierhandtücher von einem Stapel und trockne mir die Hände ab.

Nun gehe ich geradewegs an die Rezeption, um Bescheid zu geben, dass keine Seife mehr da ist. Die Dame braucht wieder sehr lange, bis sie mich bemerkt, ist sie doch sehr damit beschäftigt, ihre Fingernägel zu feilen. Nachdem ich mich bemerkbar gemacht und das Problem geschildert habe, schlurft sie los. Vorher tippt sie aber noch einige Dinge in den Computer. Während sie dann ins Patienten-WC geht, höre ich, wie sie vor sich hin grummelt, dass sie immer alles allein machen muss. Als sie in der Toilette ankommt, stutzt sie: „Wat ham‘ se denn mit dem Müll jemacht?“ Ich erkläre, dass der Mülleimer sehr voll war, woraufhin sie wieder murmelnd anfängt zu meckern. Als sie die Seife kommentarlos aufgefüllt hat, wasche ich mir nochmal richtig die Hände und gehe wieder ins Wartezimmer.

Und, hattet ihr es euch schon gedacht? Es hat mich geschüttelt. Diese Toilette war grauenhaft. Ein ackerndes Licht hätte noch gefehlt, um die Illusion eines Psychothrillers perfekt zu machen, aber das gibt es wohl zum Glück doch nur in Hollywood. Auch ist es mir immer noch schleierhaft, warum die Dame an der Rezeption so unfreundlich, gestresst und genervt mir gegenüber war. Doch schauen wir mal, wie es besser hätte laufen können.

Eine Toilette ist immer ein heikler Ort. Können die meisten Leute noch viele Dinge tolerieren, muss die Toilette in perfektem Zustand sein. Der Raum soll gut riechen, gep egt sein und ordentlich aussehen. Da in den meisten Praxen die Toilette jedoch innenliegend ist und man dadurch nicht regelmäßig lüften kann, muss man andere Lösungen nden, damit die Toilette frisch und wohlriechend ist. Dabei helfen: Hygiene, Ordnung und Hilfsmittel wie Raumspray, eventuell sogar als Frischluft-Diffuser. Ebenfalls sollten alle Hygieneprodukte in ausreichender Menge vorhanden sein. Schaut am besten jeden Morgen bei Arbeitsbeginn nach, was aufgefüllt werden muss und erledigt das sofort. Besonderes Augenmerk solltet ihr hier auf das Toilettenpapier, die Einmalhandtücher und die Seife legen, also alles, was direkt den Patienten betrifft.

Nachfüllungen, wie zum Beispiel Toilettenpapier, sollten generell ausreichend (mindestens 2 Ersatzrollen) vorhanden und geschützt gelagert sein, da es am Waschbeckenrand leicht nass und beschmutzt wird. Auch die Papierhandtücher solltet ihr in einem passenden Spender anbieten. Diese können ansonsten ebenfalls nass und beschmutzt werden. Kennt ihr das auch, ihr nehmt euch Papierhandtücher von einem losen Stapel, und mindestens ein Papierhandtuch landet auf dem Boden? Auch das Problem wird so verhindert. Der Mülleimer sollte regelmäßig von euch überprüft werden. Muss er geleert werden? Ist er einwandfrei bedienbar? Alle Gegenstände, die defekt oder nicht mehr vorzeigbar sind, sollten von euch zeitnah ausgetauscht werden. Überhaupt solltet ihr regelmäßig den Toilettenraum überprüfen. Besonders, wenn ein Patient zuvor auf der Toilette war, schadet ein Blick in die Räumlichkeit nicht: Ist die Toilette sauber, ist noch alles ausreichend vorhanden, muss eventuell ein Raumduft eingesetzt werden? Auch hier gilt: Wie möchtet ihr, dass eine Toilette aussieht und duftet?

Es kann immer wieder mal vorkommen, dass man in der Hektik des Alltags die Toilette nicht rechtzeitig überprüfen konnte. Das ist so auch nicht schlimm, mal den „Worst Case“ ausgeschlossen. Daher sollte man dankbar sein, wenn man von Patienten auf Missstände hingewiesen wird. Hierbei ist es sogar egal, ob der Patient euch freundlich informiert oder sauer herummeckert. Auch hier wieder die Frage: Wie würdet ihr reagieren, wenn keine Seife zum Händewaschen vorhanden ist? Vielleicht hatte der Patient heute schon einen schlechten Tag und die fehlende Seife ist nur eine weitere schlechte Sache. Kommt es nun dazu, dass ihr informiert wurdet, reagiert freundlich und kümmert euch sofort darum. Auch wenn es gerade unpassend ist, ist der „Kunde immer König“. Nichts ist so wichtig, wie die Zufriedenheit eurer Patienten. Außerdem gehe ich mal davon aus, dass der Patient das Problem nicht selber geschaffen hat, um euch persönlich zu ärgern. Auch wenn der Raum aussieht, als wäre eine Bombe explodiert, sollte man dies dem Patienten nicht vorwerfen. Eine Reaktion, wie ein freundliches „Huch, hier liegt aber nicht nur die Seife im Argen“, ist erlaubt und ausreichend. Sagt dann der Patient noch Bescheid, dass das am defekten Mülleimer liegt, könnt ihr euch darum auch direkt kümmern.

Ihr seht, mit eins der wichtigsten Dinge für eine gute Patientenbeziehung ist die Art wie ihr euch dem Patienten gegenüber verhaltet. Aber auch eine Toilette trägt dazu bei, ob sich der Patient in  der Praxis wohl fühlt. Obwohl, gehören Verhalten und Räume nicht in gewisser Weise zusammen? Achtet immer genau darauf, dass ihr und die Räume so freundlich und ordentlich auf den Patienten wirken, wie ihr es von anderen erwartet.

In der nächsten Folge der Serie geht es ins Behandlungszimmer. Was ich dort für eklige Situationen erleben durfte, wartet ab! bei „Gruselzahnarzt und Schockerpraxis Teil 3“. Wenn ihr gerne einmal jemanden einen Blick von außen auf eure Praxis werfen lassen wollt, sprecht eure Che n/euren Chef gerne an. Ich freue mich darauf, euch dabei zu unterstützen, die verborgenen Potentiale in den Bereichen Hygiene und Praxismanagement aufzudecken.

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