Praxisknigge: Umgangsformen und Top-Service

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Sybille David-Hebgen

Der Praxisknigge ist ein Konzept, das eine Praxis ganzheitlich betrachtet. Gelingende Beziehungen, ein harmonisches Arbeitsklima, gemeinsame Ziele und Top-Service als Alleinstellungsmerkmal stehen im Mittelpunkt. Diese vierteilige Beitragsserie soll Dir Unterstützung in Deiner täglichen Arbeit geben. In diesem Teil der Serie beginnen wir mit dem Serviceaspekt, von dem Du ein ganz entscheidender Teil bist.

Auch in schwierigen Situationen die gute Laune behalten und lächeln können, hilft bei der Patientenbindung.

Jede und Jeder muss wissen, dass Patientinnen und Patienten eine verlässliche Betreuungs- und Servicequalität erwarten. Und Du solltest wissen, dass Du dabei besonders wichtig bist. Du hast oft den ersten Kontakt – ob am Telefon oder persönlich. Deine Persönlichkeit, Deine Kommunikationskultur, Deine Umgangsformen, Deine professionelle Arbeit, Deine zugewandte und freundliche Art repräsentieren Deine Praxis. Jeden Tag aufs Neue.

Erwartungen und Praxis-Realität

Kennst Du Eure Praxiswebseite? Was steht dort? Sätze wie „Patienten stehen bei uns im Mittelpunkt“, oder „unser freundliches und professionelles Team ist jederzeit für Sie da“, „höchste Patientenorientierung“, „Top-Service“ oder ähnliches. Mit solchen Formulierungen entstehen bei Patienten Erwartungen, die sie bei jedem Besuch erfüllt haben wollen. Versprochen ist versprochen! Werden diese Erwartungen nicht erfüllt, entstehen Enttäuschung, Frust und Vertrauensverlust.

Damit Euer Team diese Erwartungen erfüllen kann, sollte die gesamte Praxis mindestens einmal jährlich einen Workshop zum Thema „Erlebnisqualität und Patientenbetreuung“ veranstalten. Hierbei wird geklärt, was genau etwa höchste Patientenorientierung und Top-Service überhaupt ist. Das Praxisknigge-Konzept sieht hierfür eigene Praxisworkshops vor, in denen individuell für die jeweilige Praxis ein Service-Leitfaden erarbeitet und mindestens einmal jährlich trainiert wird.

Nur so kann die Praxisleitung sicherstellen, dass alle wissen, was gemeint ist und sich entsprechend verhalten. Ist das nicht klar, besteht kein Leitfaden, agiert jede und jeder wie sie oder er meint, dass es richtig ist – was aber nicht immer im Sinne der Praxis oder des Chefs sein dürfte. Und ganz nebenbei: Mit guten Umgangsformen, einer hohen Bereitschaft für Patientenservice entsteht eine angenehme Praxiskultur, in der man gerne arbeiten mag!

Okay-Faktoren

Wenn möglichst viele der allgemeinen Erwartungen erfüllt werden, wird Eure Praxis als „okay“, also ganz akzeptabel eingestuft. Nicht mehr, nicht weniger. Selbst wenn es für Euch und Euer Praxismanagement manchmal schwer ist, selbst diese Basis-Erwartungen zu erfüllen, entsteht noch lange keine Begeisterung bei Patientinnen und Patienten.
Beispiel: Der vereinbarte Termin wird eingehalten, bis 15 Minuten Wartezeit nehmen die meisten Patienten klaglos hin. Der Empfang an der Rezeption ist okay, man ist freundlich und kommunikativ. So weit, so gut. Damit unterscheidet sich Eure Praxis noch nicht wesentlich von anderen Praxen, in denen es ebenso ganz okay zugeht.

Enttäuschungsfaktoren

Werden die als selbstverständlich vorausgesetzten Erwartungen nicht erfüllt, also unterschritten, sprechen wir von Enttäuschungsfaktoren. Diese werden meist bei einmaligem Auftreten noch toleriert, bei häufigeren Enttäuschungen sinkt jedoch die Loyalität zur Praxis. So entsteht allmählich die Gefahr, dass Patienten die Praxis wechseln, weil sie keine weiteren Frustrationen mehr erleben wollen. Negativ auf die Zuzahlungsbereitschaft wirken sich Enttäuschungsfaktoren aus.
Beispiel: Der Patient hat einige Wochen auf den Behandlungstermin gewartet, erscheint pünktlich in der Praxis und muss dort 45 Minuten warten. Niemand informiert über die Wartezeit, dazu sieht es im Wartebereich recht unordentlich aus, es ist laut und die Luft ist stickig. Verständlich, dass das Frust und Enttäuschung auslöst!

Begeisterungsfaktoren

Begeisterung entsteht, wenn Erwartungen übertroffen werden. Beispiel: Die Patientin erscheint pünktlich, wird persönlich in das ansprechende Wartezimmer begleitet. Nach fünf Minuten erscheint eine Mitarbeiterin und informiert darüber, dass es zu einer unerwarteten Wartezeit kommt. Man bietet wahlweise Kaffee, Tee oder Wasser an, macht auf das hochwertige Zeitschriftenangebot und etwa free WiFi aufmerksam. Im Wartebereich ist es aufgeräumt, leise Musik entspannt und es riecht angenehm. Nachdem klar ist, dass die Verzögerung 45 Minuten dauern wird, kann die Patientin selbst entscheiden, ob sie warten oder einen neuen Termin vereinbaren möchte. Selbstverständlich wird der neu vereinbarte Termin priorisiert gekennzeichnet, damit dabei nicht erneut Wartezeit entsteht. Solch ein patientenorientiertes Verhalten, schnelle Information und Transparenz erzeugen Begeisterung, obwohl dem Ganzen ja eine unerwünschte Terminverzögerung zugrunde liegt.

Exzellenz statt Mittelmaß

Wer es schafft, in vielen kleinen Dingen anders und besser zu sein als andere, wird mit treuen, loyalen und zuzahlungsbereiten Patientinnen und Patienten belohnt. Nicht allein die bessere technische Ausstattung der Praxis oder die bessere Lage machen den Unterschied, sondern auch und gerade herzlich professionelle Beziehungen! Du kannst sehr viel dazu betragen, aus Patienten Fans der Praxis zu machen. Du kannst selbst ein Begeisterungsfaktor werden. Dein Vorteil dabei ist, dass zufriedene Patienten weniger meckern und motzen, höflicher und humorvoller sind. Und dabei auch mal Fehler verzeihen – wenn sie nicht zur Regel werden.

Fazit

Patientenorientierung bedeutet, gute Beziehungen gedeihen zu lassen, sich in Patientinnen und Patienten hineinversetzen zu können, auch in schwierigen Situationen die gute Laune behalten und lächeln können!

In den nächsten Beiträgen erfährst Du noch mehr darüber, worauf es an wichtigen Patientenkontaktpunkten ankommt.

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