Anlässlich des Aktionstages am 25. September betonte die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) einmal mehr die Bedeutung der neuen Richtlinie zur Behandlung von Parodontitis und anderer Parodontalerkrankungen und den damit verbundenen neuen Kassenleistungen für gesetzlich Versicherte.
Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstandes der KZBV: „Parodontitis ist keine Bagatellerkrankung! Sie steht in Verbindung mit Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und anderen chronischen Leiden. Um dieser Volkskrankheit erfolgreich den Kampf anzusagen, haben wir für gesetzlich Versicherte zum 1. Juli eine neue Behandlungsstrecke in die Versorgung gebracht. Die systematische Parodontitistherapie hat damit ein neues, festes Fundament.“
Zahnärztinnen und Zahnärzte werden damit in die Lage versetzt, ihre Patientinnen und Patienten im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse zu behandeln. Ein zentrales Element der neuen Behandlungsstrecke ist ein engmaschiges Nachsorgekonzept. Risikogruppen wie Pflegebedürftige und Versicherte mit Eingliederungshilfebedarf profitieren durch einen niedrigschwelligen und bürokratiearmen Zugang zur PAR-Therapie.
Mit solchen Neuerungen geht immer auch erheblicher Informationsbedarf einher, auf den sich die KZBV mit einem multimedialen Informationsangebot vorbereitet hat. Im Zentrum stehen drei Erklärvideos. Alles, was Patienten zu Parodontitis wissen müssen, findet sich ebenfalls auf der Website der KZBV. Angeboten werden für Praxen zudem ein Katalog mit wichtigen Fragen und Antworten zu Fachinhalten, Grafiken, Formulare, Ausfüllhinweise und Musterbeispiele.
Die neue PAR-Behandlungsstrecke
GKV-Versicherte erhalten seit 1. Juli im Zusammenhang mit der Parodontitis-Behandlung als eigenen Therapieschritt zunächst ein parodontologisches Aufklärungs- und Therapiegespräch. Dadurch soll das Verständnis über die Auswirkungen der Erkrankung geschaffen und die Mitwirkung der Versicherten gestärkt werden. Anschließend folgt eine patientenindividuelle Mundhygieneunterweisung. Beide Maßnahmen dienen dazu, die Mundhygienefähigkeit und Gesundheitskompetenz zu erhöhen. Einen wichtigen Stellenwert hat die unterstützende Parodontitistherapie (UPT) – nicht zuletzt im Hinblick auf die nachhaltige Sicherung des Behandlungserfolgs. Sie ist ein wesentlicher Therapieschritt, um die Ergebnisse der antiinfektiösen und gegebenenfalls chirurgischen Therapie zu sichern, die Motivation der Patienten und die Aufrechterhaltung der Mundhygiene zu fördern, zu erhalten und nicht befallenes Gewebe gesund zu halten. Neu- und Reinfektionen in behandelten Bereichen können erkannt und bestehende Erkrankungen eingedämmt werden.
Die UPT besteht aus einer Mundhygienekontrolle, wenn erforderlich einer erneuten Mundhygieneunterweisung, der vollständigen Reinigung aller Zähne von Biofilmen und Belägen, je nach Grad der Erkrankung (Grading) der erneuten Messungen von Sondierungstiefen der Zahnfleischtaschen und Sondierungsbluten sowie gegebenenfalls erneuter subgingivaler Instrumentierung (unterhalb des Zahnfleischsaumes) an betroffenen Zähnen und – ab dem 2. Jahr – einer jährlichen Untersuchung des Parodontalzustandes. Die Maßnahmen sollen für einen Zeitraum von zwei Jahren regelmäßig erbracht werden. Die Häufigkeit richtet sich nach dem festgestellten Grad der Erkrankung im Rahmen der Ersterhebung zu Beginn der Therapie und liegt zwischen ein- und dreimal pro Jahr. Es besteht die Möglichkeit einer Verlängerung der UPT. Voraussetzung ist die Genehmigung der Kasse.
Versicherte haben mit der UPT innerhalb von zwei Jahren nach Abschluss der aktiven Behandlungsphase einen verbindlichen Anspruch auf eine strukturierte Nachsorge, die bedarfsgerecht an das individuelle Patientenrisiko angepasst wird. Ihr geht dabei erstmals eine zielgerichtete Evaluation der Ergebnisse der aktiven Behandlungsphase voraus. Zudem wurde der Parodontale Screening-Index, der erste Hinweise auf eine Erkrankung gibt, an aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse angepasst.
Hintergrund: Volkskrankheit Parodontitis
Parodontitis wird wesentlich durch bakterielle Beläge auf Zahnoberflächen – besonders aber auch in den Zwischenräumen – verursacht. Gewebe und Knochen, die für den Halt des Zahnes verantwortlich sind, werden in einem schubweise verlaufenden Prozess zerstört. Das kann Jahre dauern, bei rasch fortschreitendem Verlauf aber auch nur Wochen oder Monate. Besonders tückisch: Eine Parodontitis verläuft weitgehend schmerzfrei und bleibt oft lange unbemerkt. Das Krankheitsrisiko steigt mit dem Lebensalter. Aber auch erbliche Veranlagung, Rauchen, Stress oder Medikamente können auf Entstehung und Verlauf einwirken.
Wer Zahnbeläge durch gute Mundhygiene vermeidet, verringert sein Erkrankungsrisiko. Deshalb: Zweimal täglich Zähneputzen und das Reinigen der Zwischenräume mit Interdentalbürstchen oder Zahnseide sind ein Muss! Auch die professionelle Zahnreinigung in der Praxis ist eine wichtige Präventionsmaßnahme. Anzeichen einer Parodontitis lassen sich durch regelmäßige Kontrolltermine bei Zahnärztinnen und Zahnärzten rechtzeitig feststellen.
Parodontitis ist gut behandelbar. Mit frühzeitigem Erkennen und einer systematischen Therapie kann der Krankheitsprozess meist zum Stillstand gebracht und der Zustand des Zahnhalteapparates verbessert werden. Allerdings: Parodontitis ist eine chronische Erkrankung. Um nach erfolgreicher Therapie das Behandlungsergebnis langfristig zu sichern, kommt es auf die Mitarbeit der Patienten bei der Mundhygiene sowie auf regelmäßige Besuche in der Zahnarztpraxis an.