Ob und wie eine Frau unter den Beschwerden von Wechseljahren leidet, ist individuell verschieden. Viele Frauen klagen jedoch über Hitzewallungen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Schweißausbrüchen, Schwindel und Kopfschmerzen. Nicht selten tauchen auch Veränderungen der Mundhöhle auf.
Sowohl Mundtrockenheit (Xerostomie) als auch Mundgeruch (Halitosis) und starkes Zungenbrennen beziehungsweise das sogenannte Burning-Mouth-Syndrom sind weit verbreitet. Oftmals treten die Beschwerden zu unterschiedlichen Zeitpunkten auf. Doch sie können sich auch überschneiden und dann ist der Leidensdruck für viele Frauen enorm hoch. Deshalb sollte gerade bei der oralen Inspektion im Zuge der Zahnreinigung auf diese Symptome ein besonderes Augenmerk gelegt werden.
Mundtrockenheit in den Wechseljahren
Mit Beginn des Klimakteriums fahren die Eierstöcke die Hormonproduktion nach und nach herunter. Bis es mit der Menopause zum letzten Eisprung kommt. Der sinkende Östrogen- und Progesteronspiegel wirkt sich jedoch nicht nur auf die Fruchtbarkeit, sondern auch auf den Stoffwechsel von Knochen, Zähnen, Haut und Schleimhäuten aus. Auch unser gesamtes Immunsystem kann dadurch geschwächt werden und reagiert weniger effektiv auf eindringende Erreger.
Infolge des Östrogenmangels kann es unter anderem zu Schilddrüsenvergrößerungen, Diabetes, Gicht, Gelenkerkrankungen oder einer Gewichtszunahme kommen. Und auch Knochen und Schleimhaut werden häufig in Mitleidenschaft gezogen. Unter anderem verliert das Bindegewebe an Festigkeit, wird weniger gut durchblutet und durchlässiger für Bakterien. Auch die Schleimhäute werden schlechter durchblutet und befeuchtet. Die Aktivität der Speicheldrüsen geht zurück und durch das Fehlen an Milchsäurebakterien verschiebt sich der pH-Wert.
Unter all diesen Faktoren leidet vor allem die Mundschleimhaut. Sie wird dünner und trocknet aus, ist gereizt, empfindlich und anfälliger für Infektionen. Wenn Frauen zusätzlich gegen die psychischen Symptome, wie Depressionen oder Angstzustände, Medikamente einnehmen, kann das die Mundtrockenheit zusätzlich verschlimmern. Die Beschwerden führen nicht selten zur Vernachlässigung der Mundhygiene.
Parodontitis- und Kariesrisiko
Fließt weniger Speichel ist jedoch auch die Abwehr der Mundhöhle gegen Bakterien, Viren und Pilze geschwächt, sodass das Risiko für orale Erkrankungen extrem ansteigt. Hinzu kommt häufig der vermehrte Appetit auf zuckerhaltige Lebensmittel. Da jedoch die Spülfunktion des Speichels beeinträchtigt und die Remineralisierung der Zahnhartsubstanz gehemmt ist, treten Parodontitis und Karies in den Wechseljahren gehäufter auf. Durch die erhöhte Aufnahme von Zucker und kohlenhydratreicher Nahrung wird bei Zahnfleischerkrankungen wiederum das Entstehen entzündungsfördernder Botenstoffe im Gewebe noch weiter gefördert.
Ernährung in den Wechseljahren
Aufgrund der starken Hormonschwankungen und seiner psychischen Auswirkungen verbraucht der Organismus während des Klimakteriums mehr Vitamine und Mineralstoffe. Der Kalziumgehalt in den Knochen nimmt ab. Nur wenige Frauen schaffen es, diesen Mehrbedarf durch eine Ernährung zu decken. Hier ist es ratsam eine Blutuntersuchung durchzuführen, um eine Supplementierung der fehlenden Nährstoffe (etwa B-Vitamine und D) mithilfe von Nahrungsergänzungsmitteln in Betracht zu ziehen.
Andernfalls kann unter anderem der Knochenstoffwechsel gehemmt werden und die Knochensubstanz abnehmen. Kommt ein langanhaltender Vitamin-D-Mangel hinzu, kann das die Entzündungsneigung des Zahnfleischs heraufsetzen und den Halt der Zähne im Parodont verschlechtern. Die Wechseljahre können also gerade bei Patientinnen mit parodontaler Vorerkrankung ein weiterer Triggerfaktor sein.
Burning-Mouth-Syndrom (BMS)
Kommt zum Symptom der Mundtrockenheit ein Zungenbrennen hinzu, liegt meist das sogenannte Burning-Mouth-Syndrom (BMS) vor. Das eigenständige Krankheitsbild äußert sich in brennenden Schmerzen der Zungenspitze und der Zungenränder sowie nicht selten auch der Mundschleimhaut, der Innenseite von Lippen und Wangen und des Gaumens. Im Tagesverlauf verschlimmern sich die Symptome meist von milden Missempfindungen bis hin zu erheblichen Schmerzen am Abend. Häufig treten auch entzündete Geschmackspapillen (erkennbar als kleine weiße Noppen) auf der Zunge auf.
Ursachen für BMS können ein Mangel an Vitamin B12, Folsäure und Eisen sein. Aber auch chronische Erkrankungen, wie zum Beispiel Diabetes, das Sjögren-Syndrom oder Multiple Sklerose, lösen diese Beschwerden aus. Auch hier kann eine Blutuntersuchung (Blutspektralanalyse) von einem Allgemeinmediziner oder Heilpraktiker Aufschluss geben. Bei psychischer Belastung wird das Zungenbrennen meist verstärkt.
Deshalb ist eine regelmäßige orale Inspektion im Rahmen der Prophylaxe bei Patientinnen im Klimakterium signifikant. Diese sollte immer die Kontrolle der Speichelmenge sowie Begutachtung der Mundschleimhaut und Zunge beinhalten. Mithilfe der Prüfung eines Nährstoffmangels sowie einer entsprechender Ernährungsberatung können wir die Mundgesundheit unserer Patientinnen bestmöglich unterstützen. Zusätzlich sollten über eine Blutuntersuchung mögliche systemische Ursachen abgeklärt werden.
Mundpflege in der Menopause
Um die natürliche Abwehrfunktion von Schleimhaut und Speichel wiederherzustellen, bieten sich neben den klassischen Speichelersatzprodukten, der Einsatz von biologischen Produkten und alternativen Methoden an. Sie sind in der Regel besonders schonend und unterstützen die Regeneration der körpereigenen Prozesse. Biologische Zahnpasten weisen viele pflegende, basische und speichelstimulierende Inhaltsstoffe auf. Bei einem erhöhten Kariesrisiko kann eine zusätzliche Fluoridzugabe in Betracht gezogen werden.
Generell sollten die Pflegeprodukte sowohl frei von Gerb- und Aromastoffen sowie Alkoholen sein, da diese die Schleimhäute zusätzlich reizen. Es empfiehlt sich auch, auf Produkte mit Tensiden, Natriumlaurylsulfaten oder Parabenen zu verzichten.
Als zusätzliche Pflegemaßnahme zeigen das Ölziehen und die Anwendung von Hyaluronsäure-Gels und -Mundspülung gute Wirkung.
Ölziehen und Hyaluronsäure
Beim Ölziehen steht für die oben aufgezählten Beschwerden während der Wechseljahre nicht die Ausleitung von Toxinen und Keimen im Vordergrund, sondern die Bildung einer Lipidschutzschicht. Die Lipide legen sich schützend auf die Zähne, gleichzeitig pflegen, regenerieren und befeuchten sie die Schleimhaut. Zusätzlich lindern sie akute Schmerzen und reduzieren die Anhaftung von Belägen auf den Zähnen.
Besonders angenehm sind Öle mit einem frischen Geschmack oder mit einem hohen Gehalt an Nährstoffen für eine intensive Pflegewirkung, wie etwa kaltgepresstes und nicht raffiniertes Olivenöl mit einem antimikrobiellen und antioxidativen Effekt oder Sesamöl für eine Tiefenwirkung.
Fertige Ölzieh-Präparate sind oftmals optimal in Effektivität und Geschmack abgestimmt. Alternativ lässt sich jedoch jedes Bio-Öl verwenden. Dieses sollte dann über den Tag verteilt mehrmals für einige Minuten im Mund verbleiben. Auch wenn es zum Thema Ölziehen noch keine Studien gibt, die eine eindeutige medizinische Empfehlung zulassen, habe ich selbst bei meinen Patientinnen sehr positive Erfahrungen damit gemacht.
Auch Hyaluronsäure wird in der Zahnpflege bereits erfolgreich in Form von Gelen und Mundspülungen eingesetzt. Sie bildet ebenfalls einen Film, der die Verletzungen im Mund schützt und lindert gleichzeitig den Schmerz. So kann sie die gereizte Schleimhaut, z. B. beim Essen von scharfen Lebensmitteln und beim Trinken von sauren Getränken, optimal abschirmen. Zudem fördert sie die Feuchtigkeitsretention, wodurch das Gewebe besser hydratisiert wird. Nebenwirkungen und Kontraindikationen sind nicht bekannt, da Hyaluronsäure keine lokale oder systemische pharmakologische Wirkung auf die Mundschleimhaut hat.
Neben der intensiven Mundpflege kann die Mundgesundheit zum Beispiel auch durch Mittel wie xylithaltige Kaugummis unterstützt werden. Sie regen den Speichelfluss an und wirken nachweislich antikariogen. Und auch Probiotika, die sich positiv auf den Bakterienhaushalt auswirken und damit die natürliche Abwehr stärken, können eine sinnvolle Ergänzung sein.
Fazit
Wollen wir unsere Patientinnen in der Phase des Klimakteriums erfolgreich zahnmedizinisch betreuen, sollten wir einerseits die verschiedenen Beschwerden und ihre Ursachen kennen. Andererseits bedarf es eines optimal aufeinander abgestimmtes Behandlungskonzeptes, das im besten Fall auch ganzheitliche Ansätze berücksichtigt. Denn sowohl Anamnese, Diagnose sowie eine intensive Kontrolle und individuelle Betreuung entscheiden letztendlich über den Erfolg der Behandlung.
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