Der Einsatz von Adjuvantien bei Parodontitis-Patienten (Teil 2)

Vesna Braun
Vesna Braun

Die Themen Honorarverteilungsmaßstab (HVM) und Budgetierung beschäftigen derzeit wohl die meisten Zahnarztpraxen in Deutschland. Adjuvante Maßnahmen können in der Parodontologie hilfreich sein. In Teil 1 der Serie in recall 1/2024 im Februar haben wir Adjuvantien für den häuslichen Gebrauch (Perio-Aid) und den professionellen Einsatz (Pocket X) unter die „Lupe“ genommen. In der heutigen Folge geht es um zwei weitere Therapiemöglichkeiten: die antimikrobielle Photodynamische Therapie und das ParoMit Q10 Dental-Spray.

DH Vesna Braun nimmt für uns verschiedene Adjuvantien für den häuslichen und professionellen Einsatz bei PAR-Patienten genauer unter die Lupe.

Patienten, bei denen ein PSI Grad von 3 und mehr festgestellt wurde, haben einen Anspruch auf eine PAR-Therapie und das damit verbundene Aufklärungsgespräch. Dabei bekommt der Patient Informationen über die Krankheitsentstehung, Verlauf (mit und ohne PAR-Therapie), Wechselwirkungen (Vorerkrankungen, Lebensgewohnheiten) und vieles mehr Selbstverständlich geht es aber auch um die Systematik und die einzelnen Sitzungen (einschließlich UPT), die die gesamte Behandlungsstrecke belichtet. Schließlich muss der Patient auch mitwirken und zur Behandlung einwilligen. Und da sind wir genau an dem Punkt: Nicht jeder Patient will oder kann sich auf eine Behandlungsdauer von zwei Jahren festlegen. Nicht jede vor-gegebene Progressionsstufe in der UPT reicht aus, um im Anschluss stabile Parodontalzustände zu erreichen oder eine Verlängerung zu vermeiden, und nicht jeder Patient zeigt die erforderliche Motivation für die häuslichen Mundhygienemaßnahmen.

Richtig eingesetzt können uns jedoch adjuvante Maßnahmen in der Parodontologie sehr nützlich sein. Sei es, um die parodontale Gesundheit wirkungsvoller und schneller zu erreichen, die Patientenakzeptanz zu erhöhen oder gar unnötige Honorareinbußen und -kürzungen zu vermeiden.

Adjunktiver Therapieansatz für die Praxis (professional):

Unterstützender Therapieansatz mit der antibakteriellen Photodynamischen Therapie (aPDT)

Helbo-Laser für die antibakteriellen Photodynamischen Therapie.

Hintergrund: Den Grundstock zur Entwicklung der aPDT legte Paul Ehrlich schon im letzten Jahrhundert. Er konnte belegen, dass bestimmte Farbstoffe Zellen und Bakterien unterschiedlich anfärben und so eine licht-induzierte athermische Inaktivierung von Zellen, Mikroorganismen oder Molekülen möglich machen. Sei es in der Ophthalmologie, Onkologie, Dermatologie oder der Veterinärmedizin, die photodynamische Therapie hat sich in den letzten Jahrzehnten in der Allgemeinmedizin etabliert. Und nun, seit den 1990er Jahren, auch in der Zahnmedizin.

Komponenten / Wirkung: Um sicherzustellen, dass die aPDT funktioniert, ist eine gesicherte Wirkungskette, sprich abgestimmte Komponenten, wichtig, zum Beispiel Laserleistung, Wirkkonzentration des Farbstoffes, (pH-Wert, Fließfähigkeit und so weiter).

Komponenten für das Verfahren mit dem Helbo-Laser

TheraLite Laser: Diodenlaser mit integrierter Leistungssteuerung, leicht und kabellos (akkubetrieben), 660 nm Wellenlänge und damit höchste Lichtleistung.
Lichtleiter: steriler Einmallichtleiter, die Struktur der Spitzenoberfläche garantiert eine gleichmäßige 3D-Abstrahlung.
Photosensitizer: CE-Zulassung nach MPG, steril abgefüllter Farbstoff (1 Prozent Phenothiazinchlorid), hohe Konzentration, hohe Affinität, ohne systemische Nebenwirkungen.
T-Controller: Nicht unbedingt zur Therapie erforderlich, aber meines Erachtens ein wichtiges Instrument zur Qualitätssicherung. Der Time-Controller stellt sicher, dass die einzelnen Arbeitsschritte und Einwirkzeiten mit den visuellen und akustischen Signalen eingehalten werden.

Wirkung
Die aPDT reduziert (nach dem HELBO-Verfahren) die pathogenen Keime beim Parodontitis-Patient um > 99 Prozent (ohne Antibiotikum und ohne Nebenwirkungen). Dies geschieht wie folgt: Im Anschluss an das subgingivale Debridement (weitestgehende Biofilmzerstörung) werden mit Hilfe des Farbstoffes gramnegative als auch grampositive Bakterien angefärbt (+/- Ladungsanziehung). Nach entsprechender Einwirkzeit wird sub-gingival mit H20 gespült und anschließend mit Laserlicht geeigneter Wellenlänge und Energiedichte bestrahlt. Die an der Bakterienmembran angedockten Farbstoffmoleküle nehmen die Energie des Lichts auf, werden angeregt (Triplett-Zustand) und können die Energie an den molekularen Sauerstoff weitergeben. So entsteht während der Belichtung mit Laserlicht an der Bakterienmembran aktiver Singulett-Sauerstoff und der wiederum oxidiert die Lipidketten der Bakterienmembran – die Bakterien sterben ab.

Kontraindikation
Keine und damit auch bei Schwangeren, Behinderten etcetera einsetzbar.

Indikation

  • während / nach AIT
  • während / nach CPT
  • Periimplantitis
  • während der UPT-Phase
  • auch für Chirurgie (zum Beispiel WSR, Ost, Implantat-OP), Endodontie, Aphten, Herpes, Halitose, Candida-Infektionen

Vorbehandlung

Subgingivales Debridement:

  • reduzierter Gracey-Kürettensatz
  • Schall-/Ultraschallinstrumentation

Vorgehen Step-by-Step

Verpackungseinheit von Farbstoff öffnen und Kanüle auf die Spritze aufschrauben.
Verpackungseinheit vom Lichtleiter (3D) öffnen und auf das Laserhandstück setzen.
Dem Patienten einen Wangenabhalter einsetzen oder die Lippen einfetten.
Die feine, stumpfe Farbkanüle drucklos in einem Winkel von 10-15° zur Zahnachse subgingival einführen und den Farbstoff von apikal nach coronal einbringen. Wenn der Farbstoff am Gingivalsaum zu erkennen ist, mit der Kanüle am Fundus weiter laufen, visuelle Kontrolle am Saum, weiterführen usw. Bei einzelnen Zähnen kann der Workflow zirkulär erfolgen, bei mehreren nebenstehenden Parodontien kann auch erst von vestibulär und anschließend von oral gearbeitet werden.

  • Einwirkzeit beachten:
    < 6 mm Taschentiefe / 1 Minute
    > 6 mm Taschentiefe / 3 Minuten
  • Nach der Diffusion des Farbstoffs wird der Farbüberschuss in der Parodontaltasche mit einer Einmalspritze, H2O und stumpfer Kanüle subgingival gespült.
  • Die Belichtungszeit pro Zahn/Parodontium beträgt 60 Sekunden. Laseransatz subgingival im flachen Winkel zur Zahnachse einbringen und den Punkt für zehn Sekunden belichten, anschließend den Lichtleiter weiter zu nächster Stelle führen (jedes Parodontium wird an sechs Stellen für je zehn Sekunden belichtet).

Nach der Behandlung – Patienteninformation

  • Falls eine Blauverfärbung im sichtbaren Bereich am Gingivalsaum zu sehen ist, kann dies mit Ascorbinsäure (Apotheke) entfernt werden, andernfalls ist es für 1-2 Stunden sichtbar, je nach natürlichem Metabolismus, Ess-/Trink-/Putzaktivitäten des Patienten.
  • Da die Behandlung selbst schmerzfrei ist und keine Anästhesie dafür benötigt wird, hat der Patient im Anschluss der Therapie keine Einschränkungen.

Tipps & Tricks aus dem Alltag

  • Sofern es nach dem subgingivalen Debridement stark blutet, einen separaten Termin (1-2 Tage später) für die aPDT vereinbaren, da das aufsteigende Blut die Benetzung der tiefen Tasche und die Penetration des Photosensitizers in den Biofilm verhindern würde.
  • Wird der Laseransatz am Zahn von distal nach mesial geführt, erleichtert das den Workflow.
  • Der T-Controller ist nicht nur ein wirkungs-volles Marketinginstrument, er sichert die Einhaltung der einzelnen Arbeitsschritte/Wirkzeiten und vereinfacht die Behandlung.
  • Ein zuvor in der Tiefe eingebrachtes Anästhesie-Gel ist nicht erforderlich, es behindert eher die Diffundierbarkeit des Farbstoffs.

Studienlage
Die Wirkung der aPDT mit dem HELBO-Laser wurde in vielen (inter-)nationalen Studien belegt.

Vorteile mit der aPDT (Helbo-Therapie)

  • schmerzfreie Behandlung
  • keine Resistenzbildung
  • keine Kontraindikationen
  • kann mit anderen Therapiemaßnahmen, wie zum Beispiel Pocket-X Gel, kombiniert werden
  • die Behandlung ist delegierbar an qualifiziertes Personal
  • es ist keine Laserschutzbeauftragte notwendig
  • zusätzlicher Low-Level-Effekt des Laserlichts ermöglicht die ATP-Synthese und die Mitochondrien-Tätigkeit in den Zellen anzuregen (beschleunigte Wundheilung, Schmerzreduktion)

Hier könnt Ihr den Test zur antibakteriellen Photodynamischen Therapie als pdf herunterladen.

Adjunktiver Therapieansatz für den Patient (häuslich):

Unterstützender Therapieansatz mit ParoMit Q10 Dental-Spray (hochkonzentriertes Q10)

ParoMit für die häusliche Anwendung.

Hintergrund: Prof. Dr. Niklaus. P. Lang formulierte es bei der 9. Europerio in Amsterdam treffend: „Bei der Gingivitis / Parodontitis ist zu 80 Prozent die Wirtsantwort verantwortlich und nicht die Bakterien“, so soll unser Behandlungsansatz nicht nur antimikrobiell, sondern auch immunstimulierend sein. Bei Zahnfleischproblemen kommt es bedingt durch den oxidativen Stress zu einer mitochondrialen Dysfunktion und zu einem dramatischen Verbrauch von Q10, die körpereigene Q10-Konzentration in der Gingiva sinkt massiv ab. Q10 ist für 95 Prozent der Energieproduktion in den Zellen verantwortlich.

Inhaltsstoffe / Wirkung
Das Co-Enzym Paromit besteht aus höchstem Reinheitsgrad und körperidenter Formel, so dass der Wirkstoff extrem gut und schnell bioverfügbar ist. Es kommt zu einer raschen Anreicherung im Blutgefäßsystem zur Zelle und zu den Mitochondrien. Es fördert die ATP-Bildung und versorgt das Immunsystem mit der notwendigen Energie im Kampf gegen Bakterien und ist der wichtigste anti-oxidative Wirkstoff gegen freie Radikale bei allen Entzündungen. Zusätzlich wird die Fibroblasten- und Osteoblastentätigkeit angeregt.
ParoMit besteht aus einem sehr hohen An-teil aus Ubiquinone (Coenzym Q10), Lecithin, Glycerin, Aqua, Caprylic/Capric Triglyceride, Mentha Piperita (Pfefferminz) Oil.

Kontraindikation

  • Patienten, mit Unverträglichkeit gegenüber oben genannten Inhaltsstoffen
  • Bei Patienten mit Blutverdünner (Warfarin) Rücksprache mit behandelndem Facharzt.

Indikation – klinische Situation

  • während / nach PA-Behandlungen
  • während / nach chirurgischen Eingriffen
  • Patienten mit Periimplantitis
  • Patienten mit eingeschränkter Alltagskompetenz (zum Beispiel Pflegebedürftige)
  • Patienten mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen
  • Patienten, die unter besonderer Medikation stehen.

Vorgehen Step-by-Step

  • Grundvoraussetzung ist die vorangegangene PZR, UPT
  • Zahn-/Zwischenraumreinigung nach der Empfehlung der Praxis
  • vor dem ersten Gebrauch wird die Verschlusskappe abgeschraubt, danach den Sprühkopf auf den Flaschenhals fest aufschrauben
  • die Sprühkopfdüse kann beliebig in Position gebracht werden, um alle Bereiche in der Mundhöhle zu erreichen
  • fünf Sprühstöße auf die betreffende Stelle geben oder ein Sprühstoß pro Quadrant
  • Flüssigkeit mit der Zunge im Mundraum verteilen und für etwa 5 – 10 Sekunden im Mundraum belassen
  • anschließend die Flüssigkeit schlucken (zusätzliche systemische Wirkung)
  • 2 – 3 x tägliche Anwendung in den ersten sieben Tagen, danach kann die Dosis auf 1 x pro Tag reduziert werden.

Verfügbarkeit

  • ParoMit ist über die Fa. Zantomed erhältlich, über Apotheken und im Internet.

Tipps & Tricks aus dem Alltag

  • Die Anwendung von ParoMit zeigt bei mindestens 2 x täglicher Anwendung die besten klinischen Ergebnisse.
  • Sofern die Praxis über einen Dentalshop verfügt, Produkt gleich anbieten.
  • Bei motorisch eingeschränkten Patienten kann die Aufnahme auch über einen Teelöffel erfolgen, um die Flüssigkeit an-schließend im Mundraum zu verteilen.
  • Direkt nach der Behandlung auf die betreffenden Stellen aufsprühen und dem Patienten die angebrochene Flasche mitgeben (unter Verbrauchsmaterial liquidieren).

Studienlage
Die Wirkung von ParoMit wurde in verschiedenen Studien bestätigt.

Vorteile von ParoMit Q10 Dental-Spray

  • rasche Wundheilung
  • einfache Handhabung
  • hohe Patientenakzeptanz (Geschmack)
  • keine Zahnverfärbungen
  • ohne Alkohol, ohne Konservierungsstoffe
  • Die spezielle Minze ist homöopathisch verträglich (mehrfach getestet)

Hier könnt Ihr den Test zu ParoMit Q10 als pdf herunterladen.

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