Was mich an der Naturheilkunde so fasziniert ist die Nähe zur Natur sowie deren und auch unseren Ursprüngen als Mensch. Zunächst ein kleiner Ausfug in meine persönliche Vergangenheit. Begeistert von der Zahnmedizin beschäftigte ich mich im Rahmen meiner Bachelorarbeit (Studiengang: Dentalhygiene und Präventionsmanagement) vorrangig mit einem speziellen Bakterium in der Mundhöhle: Fusobacterium nucleatum. Es steht im Zusammenhang mit entzündlichen Veränderungen in der Mundhöhle wie Gingivitis und Parodontitis. Dabei ist dieses Bakterium nicht per se pathogen, also krankmachend, es fungiert viel mehr als eine Art Brückenkeim. Fusobacterium nucleatum kann sich an kommunale, nutzbringende Bakterien (nicht nur in der Mundhöhle) anhaften und im Weiteren pathogenen Bakterien als Anker zur Anheftung dienen.
Spannend fand ich stets die Raffinesse der Bakterien. Man kann schulmedizinisch auf simple Art und Weise einer Vielzahl an bakteriell bedingter Störungen begegnen und zwar mit dem Einsatz von Antibiotika. Doch vor dem Hintergrund der stetig wachsenden Resistenzen der Mikroorganismen, (Stichwort: Raffinesse) und weiteren aufkommenden Problematik der Breitbandverabreichung von Antibiotika hat mich interessiert, welche Alternativen zur Verfügung stehen könnten.
Ich stieß während meiner Recherchen auf eine Vielzahl von pfanzlichen Inhaltsstoffen und bakteriellen Substanzen aus der Natur – Resveratrol aus roten Trauben, Grüntee-Extrakte und Inhalte des Salbeis scheinen ähnlich wirkungsvoll zu sein wie beispielsweise Jod. Übrigens untersuchten Ben Lagha et al. 2020 die Effekte der ätherischen Öle von Winterbohnenkraut, Pfefferminze und Engblättrigem Sumpfporst (eine Art Rhododendron) auf Fusobacterium nucleatum. Sie konnten zeigen, dass diese ätherischen Öle bakterizid gegen Fusobacterium nucleatum wirkten, sowohl in planktonischer Lebensweise als auch eingebettet in Biofilm. Im Unterschied dazu konnten sie eine geringe Zytotoxizität auf die oralen Keratinozyten sowie eubiotische Bakterien nachweisen.
Auf Grundlage dieser Forschungsarbeit könnten zukünftig bahnbrechende Mundhygieneprodukte wie Zahnpasta, Spülungen oder Gele entwickelt werden, welche parodontalen Biofilm sowie Halitosis der Vergangenheit angehören lassen (Ben Lagha et al., 2020). Die Breite an Möglichkeiten, die mir damals durch die intensive Recherche offenbart wurde, öffnete meine Tore in die Welt der Alternativmedizin beziehungsweise der Naturheilkunde und ich begann meine erste (von vielen Folgenden) naturheilkundliche Ausbildung zur Heilpraktikerin (Corona-bedingt wird meine Abschlussprüfung im Oktober 2022 stattfinden).
Heute therapiere ich meine Patienten nicht nur auf herkömmliche konventionelle Art in der Dentalhygiene, sondern stehe auch ganzheitlich beratend und naturheilkundlich begleitend zur Seite. Ich bin mittlerweile selbstständig als „holistic health coach“ und arbeite in diesem Feld als ganzheitliche Ernährungsberaterin, Heilfplanzenberaterin, Mentalfeld-Coach und gebe auch Reflexzonenmassagen. Mein Wissen sowie Themen, die mich beschäftigen, teile ich auf Instagram unter saluto.genesis oder auf meiner Website www.salutogenesis-laden.de.
Holismus
In der Natur gibt es keine Isolate – nichts besteht allein oder getrennt von allem anderen – alles ist mit allem verbunden – so auch der Mensch. Wir sind Teil der Natur und des großen Ganzen. Deshalb bin ich mit Leib und Seele in der Naturheilkunde verwurzelt, ich betrachte jeden Menschen in seiner individuellen Ganzheit und jede Therapie richtet sich genau danach aus. Als ganzheitliche Ernährungs- und Heilpflanzenberaterin bediene ich mich den Tools der Medizin der Erde. Ich kann die Mundhöhle nicht als separaten Teilbereich menschlicher Gesundheit sehen, denn an jedem Zahn hängt auch ein ganzer Mensch. Wenn man dies im Kopf behält, wird einem auch klar, wieso es nicht die eine „zahngesunde Ernährung“ gibt. Erstens ist die Ernährung der Menschen so individuell wie der Mensch selbst und zweitens sollte jede individuelle gesunde Ernährung gleichermaßen für alle Bereiche des Körpers gesund sein. Drittens ist nicht für jeden Menschen alles gleichermaßen verstehbar, handhabbar und sinnhaftig (Dies sind übrigens die Pfeiler der Salutogenese – einer ganzheitlichen Betrachtungsweise, auf deren Prinzipien meine Arbeit als „Salutogenesis“ gründet).
Ein kleines Beispiel: Möglicherweise hat die häufig propagierte Kombination von Rotwein mit Käse einen positiven Effekt auf die Säu- reeinwirkung in der Mundhöhle. Bei dieser Annahme wird davon ausgegangen, dass die Calciumkonzentration des Käses quasi die Säureaktivität sowohl von Rotwein als auch von Käse neutralisiert. Diesem Sachverhalt kann ich persönlich nicht zustimmen, denn sowohl Rotwein als auch Käse weisen einen sauren pH-Wert auf. Dazu sei gesagt, dass der pH-Wert eines Lebensmittel nicht hinreichend Aufschluss auf dessen Erosivität gibt. Dennoch konnte ich keine Studie finden, die diese Empfehlung wissenschaftlich stützt. Manchen Menschen kann diese Kombination sogar zum Verhängnis werden. Sollte eine Person eine Histaminintoleranz haben, unabhängig davon, ob sie es weiß oder nicht, dann könnte die Folge von diesem gut gemeinten Ratschlag ein stundenlanger Migräneanfall sein. Ähnlich verhält es sich mit dem Thema Obst. Von klein auf wird Kindern gepredigt, wie sie sich gesund ernähren sollen. Gemüse und Obst ist gesund und so weiter. Der Zahnarzt sagt denselben Kindern dann, dass Obst gesund für den Körper aber nicht gesund für die Zähne sei. Warum? Weil Fruchtzucker nun mal auch Zucker ist und einige Obstsorten Fruchtsäuren enthalten.
Ich halte es da lieber wie das bekannte Sprichwort: „An apple a day keeps the doctor away.“ Wenn unverarbeitete Lebensmittel direkt von Mutter Erde nicht mehr gesund sein sollen, stellt sich mir die Frage, wie die Menschheit es überhaupt bis hierhin geschafft hat. Und auch dazu fällt mir ein passendes, abschließendes Sprichwort ein: „Die Dosis macht das Gift“. Ein Apfel ist gesund nicht eintausend Äpfel, aber das darf jeder für sich selbst herausfinden.
Wie ihr sehen könnt, besteht die holistische Weltanschauung nicht aus einem gelesenen Buch oder einer Wochenendfortbildung. Ebenso be- steht die Magie auch nicht aus einer 10-Punkte-Checkliste für universelle Gesundheit. Aber genau das macht es aus, das macht die Sache so spannend und magisch.
Und als Antwort auf die Frage vom Anfang:
Einmal täglich Zähneputzen würde ausreichen, wenn man alle Zahnflächen zu 100 Prozent reinigt. Dann doch lieber zweimal täglich zur Zahnbürste greifen!
Wie die holistische Magie mit der Mundhöhle, deren Prävention und Erkrankungen umgeht, zeigt euch Roxy in der nächsten Ausgabe. Vielleicht ist für den einen oder anderen ein Praxistipp dabei. Oder ihr holt euch Anregungen für eure eigene holistische Gesundheit. Freut euch auf die Fortsetzung!