Drei Monate E-Rezept: Eine erste Bilanz

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PKV Institut

Im Prinzip ist das elektronische Rezept (E-Rezept) eine gute Idee, doch in der Praxis bringt es noch viele Herausforderungen mit sich: Dieses Stimmungsbild ergibt eine aktuelle Umfrage des PKV Instituts zum E-Rezept. Das Weiterbildungsinstitut hat MFAs und ZFAs gebeten, nach 3 Monaten verpflichtendem E-Rezept eine erste Bilanz zu ziehen. An der Online-Umfrage nahmen 169 MFAs und ZFAs teil.

Das elektronische Rezept gibt es in Deutschland schon seit 2022. Seit dem 1. Januar 2024 ist es verbindlich für alle gesetzlich Versicherten: Sie erhalten verschreibungspflichtige Arzneimittel von ihren Ärztinnen und Ärzten nur noch per E-Rezept.

In der Theorie profitieren Patientinnen und Patienten und ebenso das Praxisteam von dieser Digitalisierungsmaßnahme in der Gesundheitsversorgung: Patientinnen und Patienten müssen nicht mehr eigens in die Praxis kommen, um ein Rezept abzuholen. Chronisch Kranke erhalten ihre Folgerezepte, ohne dafür in die Praxis kommen zu müssen. E-Rezepte können auch nach einer Videosprechstunde ausgestellt werden, sofern der oder die Behandelte im laufenden Quartal bereits in der Praxis war.

Doch wie sieht es für die Praxisteams aus: Spart das E-Rezept wirklich Zeit? Immerhin knapp 20 Prozent der Befragten antworten auf diese Frage mit einem klaren Ja. Rund 47 Prozent gaben an, dass ihnen das E-Rezept im Moment „noch nicht wirklich“ Zeit erspare. Etwa jede dritte der befragten Personen beantwortet die Frage nach der Zeitersparnis mit einem rigorosen Nein.

Oft bremsen IT-Probleme das E-Rezept aus

Bei gut 30 Prozent der Befragten hat die Umstellung von Papier auf elektronische Verordnung laut Umfrage problemlos geklappt. Ebenso viele Befragte (30,2 Prozent ) berichten von anfänglichen Stolpersteinen, die jedoch aus dem Weg geräumt werden konnten. Rund 38 Prozent der Befragten haben technische Probleme bei der elektronischen Verordnung, die bis heute nicht gelöst wurden: Übermittlungsverzögerungen, Probleme mit der digitalen Signatur, Probleme mit der Stornierung von derzeit nicht lieferbaren Medikamenten, eine regional bedingt langsame Internetverbindung und andere technische Schwierigkeiten stellen die Praxisteams vor teils immense Herausforderungen.

Wenn etwa ein Patient sein Medikament sofort braucht, in dem Moment aber die Zeit zum Signieren fehlt oder Patienten zu Folgeterminen ihre Versichertenkarte nicht dabei haben, werde das E-Rezept von der ursprünglich beabsichtigten Erleichterung zum zusätzlichen Stressfaktor im ohnehin schon anspruchsvollen Praxisalltag, sagt Praxismanagerin Karola Bommer: „Wir sind auch bei der Medikamentenverordnung offen für Digitalisierung. Aber Digitalisierungsmaßnahmen müssten näher an der Praxis sein und die dort bestehenden Prozesse berücksichtigen.“

Neuerungen testen

Bommer empfiehlt Praxisteams, technische Neuerungen frühzeitig zu testen, um den Praxisbetrieb möglichst stressfrei zu halten: „Wer frühzeitig herausfindet, ob Veränderungen der Ausstattung und Infrastruktur der Praxis notwendig werden, kann Umstellungen entspannter gestalten.“

Weil Patientinnen und Patienten ihre Versichertenkarte jetzt zuverlässiger dabei haben, musste das Praxisteam zum jüngsten Quartalsende kaum noch Versichertenkarten anmahnen. „Das spart uns tatsächlich einige Stunden Zeit“, sagt Bommer. Mit Blick auf den bevorstehenden Sommer weist sie auf einen weiteren Vorteil des E-Rezepts hin: „Wenn jemand abreisebereit am Bahnhof steht und seine Blutdrucktabletten vergessen hat, dann reicht jetzt ein Anruf bei uns in der Praxis und die Medikamente können in jeder Apotheke deutschlandweit abgeholt werden.“

Gesetzgeber, gematik und Co.

Die Zusammenarbeit mit Gesetzgeber, gematik und anderen Verantwortlichen fanden ein Viertel der Befragten (25,17 Prozent) sehr gut und berichten von umfassender Information und professioneller Unterstützung bei Fragen. Fast zwei Drittel (61,9 Prozent) hingegen waren nicht zufrieden mit der erhaltenen Unterstützung. Neben rein technischen Problemen als Hauptgrund für Probleme bei der Einführung des E-Rezepts (72,73 Prozent) gaben etwa 17 Prozent der Befragten an, nicht ausreichend gut informiert worden zu sein.

Die Umfrage legt nahe, dass auch die Aufklärung der Patientinnen und Patienten zum E-Rezept oft erst in der Praxis passiert: 62,16 Prozent der Befragten geben an, Patienten sehr häufig Auskunft zum E-Rezept geben zu müssen, weitere 23,65 Prozent geben häufig Auskunft, lediglich 10,81 Prozent nur ab und zu. 52,70 Prozent der Befragten gaben an, dass ihre Patientinnen und Patienten dem E-Rezept gegenüber mehrheitlich aufgeschlossen sind, 33,78 Prozent erleben mehrheitlich zögerliche Patientinnen und Patienten.

Jeder Zehnte lehnt das elektronische Rezept ab

Jede zehnte Praxis hat mit Patientinnen und Patienten umzugehen, die das E-Rezept völlig ablehnen – etwa, weil sie schlechte Erfahrungen gemacht haben, dem digitalen Prozess nicht trauen oder schlichtweg Angst haben, das Einlösen des Rezepts zu vergessen, wenn sie kein Papier in der Hand haben.

Mehr als ein Viertel der Befragten (27,52 Prozent) gab an, dass 25 Prozent ihrer Patientinnen und Patienten nach wie vor einen zusätzlichen Ausdruck auf Papier wünschen. „Information, Dialog und gute Erfahrungen fördern die Akzeptanz von Neuerungen“, sagt Karola Bommer. „Allen Startschwierigkeiten zum Trotz helfen MFAs und ZFAs Patientinnen und Patienten, das E-Rezept zu verstehen und anzunehmen, und leisten damit einen sehr wertvollen Beitrag zum langfristigen Erfolg des E-Rezepts.“

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