Gruselzahnarzt & Schockerpraxis – Teil 3

freepik
Susanne Axmann

Das Grauen geht weiter…

In den letzten beiden Artikeln habe ich euch mit in die Praxis und sogar mit auf die Toilette genommen. Und wenn wir ehrlich sind, schön war das nicht. Angefangen beim unfreundlichen Personal, dem angefressenen Equipment und der fürchterlichen Patiententoilette. Heute werde ich nun endlich in das Behandlungszimmer geholt. Da kann es doch nur besser werden, oder? Ob es das wirklich wird, oder meine Hoffnungen wie eine Seifenblase zerplatzen, das erfahrt ihr jetzt.

Ich werde also aus dem Wartezimmer geholt und in das Behandlungszimmer gebracht, wo ich von einer jungen Dame ohne Begrüßung in den Stuhl gesetzt werde. Sie drückt mir eine Mundspülung in die Hand, mit den Worten: “Spülen, bitte.“ Ich spüle circa 15 Sekunden lang den Mund und spucke das Gebräu danach in das Speibecken. Unter dem Rand des Speibeckens entdecke ich dabei kleine Blutspritzer, die scheinbar vom vorigen Patienten zurückgeblieben sind. Mich schüttelt es.

All dies bekommt die zuständige Angestellte nicht mit. Sie ist, nachdem sie mich in den Stuhl verfrachtet hat, wortlos wieder aus dem Zimmer verschwunden. Warum, das kann ich euch leider nicht sagen. Das wurde mir weder vor noch nach dem Verschwinden gesagt. Da ich mich in dieser Situation nicht wohlfühle, stehe ich auf, um nachzufragen. Dabei fällt mein Blick auf den hinter mir stehenden Computerbildschirm. Obwohl man das ja eigentlich nicht soll, werfe ich einen Blick darauf und stelle erfreut fest, dass meine Nachbarin auch zu diesem Arzt geht. Als ich lese, dass bei ihr drei Zähne gezogen wurden, nehme ich mir sofort vor, sie am gleichen Tag noch zu besuchen und mich nach ihrem Befinden zu erkundigen. Vielleicht braucht sie ja Hilfe.

Da ich immer noch allein im Zimmer bin, öffne ich die Tür vom Behandlungszimmer und schaue in den Flur. Da ist auch niemand. Ich möchte gerade an die Rezeption gehen, da kommt aus einem anderen Raum eine Dame heraus. Als sie mich sieht, runzelt sie die Stirn und bringt mich mit einem: „Warten Sie bitte im Zimmer, wir kommen gleich zu Ihnen.“ zurück in den Behandlungsraum. Merkt ihr es? Auch hier ist es eindeutig, dass die Praxis nicht gut organisiert ist.

Der erste Kontakt mit der Behandlungsassistenz verläuft ähnlich freundlich, wie der mit der Dame an der Rezeption. Kein Hallo, keine Erklärung oder Anleitung: So sollte ein Patient niemals stehengelassen werden und ohne Begrüßung solltet ihr eine Behandlung niemals beginnen. Ein „Guten Tag“ ist leicht über die Lippen zu bringen. Ebenfalls solltet ihr alle Arbeitsschritte, die mit dem Patienten direkt zu tun haben, erklären. „Ich hänge ihnen einen Latz um, damit ihr schönes Hemd nicht nass wird.“ Gerade, wenn ihr ihm etwas zur Munddesinfektion reicht, solltet ihr im genau erklären, was ihr von ihm möchtet und der Patient sollte wissen was er bekommt, wofür es gut ist und wie lange er damit spülen soll.

Zusätzlich solltet ihr bei Patienten, vor allem bei neuen, vorher auf den Anamnesebogen schauen und eventuell sogar nochmal explizit nachfragen. Viele Menschen vertragen zum Beispiel kein Chlorhexidin oder sind allergisch gegen Menthol. Um die Gesundheit des Patienten nicht zu gefährden solltet ihr vorher immer darauf achten. Für die Reinigung des Behandlungszimmers zwischen zwei Patienten wird sehr oft sehr wenig Zeit eingeplant. Husch, husch drüber gewischt, damit schnell der nächste Patient ins Zimmer kann. Doch dabei passiert es oft, dass gerade die versteckten Ecken übersehen werden. Wie soll man sich auch auf die Kleinteile konzentrieren, wenn man kaum Zeit hat, auf die Hauptteile zu achten? Unter dem Rand des Speibeckens bleiben sehr oft Blutreste hängen, die ihr einfach mit einem Desinfektionstuch wegwischen könnt. Auch andere Stellen rund um den Behandlungsstuhl solltet ihr gründlich reinigen, sonst können euch einige Schandflecken durch die Lappen gehen: Blutige Fingerabdrücke am Schwebetisch, an der Stuhlseite, am Lampengriff, die Liste ist lang und fatal. Das sind die Stellen, die der Patient als erstes und zusätzlich auch sehr lange sieht, teilweise während der gesamten Behandlung.

Nehmt euch immer die Zeit, den Behandlungsbereich aus Sicht des Patienten anzusehen und achtet dabei nicht nur auf die Sauberkeit, sondern auch auf die Ordnung. Liegen noch Materialien vom vorigen Patienten herum, sind die einsehbaren Schränke ordentlich, ist alles Instrumentarium von der Ablage weggeräumt, sind alle sichtbaren Bereiche und Instrumente sauber und intakt? Im besten Fall sieht das Zimmer so aus, als wäre vorher noch nie ein Patient darin gewesen.

Einen Patienten allein im Zimmer zu lassen, sollte für euch generell die Ausnahme sein. Bei einem Neupatienten oder einem Angstpatienten ist dies sogar ein „No go“. Wenn es dann doch mal sein muss, solltet ihr den Patienten auf jeden Fall informieren, inklusive einer groben Zeitansage: „Ich muss sie kurz allein lassen, bin aber in 5 Minuten wieder da. Wenn irgendetwas sein sollte, rufen sie laut.“ Das ist zwar kein Optimum, aber immer noch besser als wortlos zu verschwinden. Besser ist es natürlich, wenn ihr den Patienten erst in ein Behandlungszimmer setzt, wenn ihr auch wirklich genug Zeit habt, euch um ihn zu kümmern. Ansonsten kann der Patient wesentlich komfortabler im Wartezimmer warten. Wenn ihr trotzdem den Raum für längere Zeit verlasst, müsst ihr nach DSGVO sicherstellen, dass der Patient keine Praxisdaten einsehen kann. Das umfasst nicht nur fremde Patientendaten, auch die Daten der Angestellten und der Ärzte müssen geschützt sein. Die meisten Programme kann man aktiv sperren, so lange man nicht daran arbeitet.

Auch im heutigen Teil meines Praxisbesuchs sind mir viele Dinge passiert, die einem Patienten, egal ob neu oder Altpatient, nicht passieren sollten. Und, hättet ihr geglaubt, dass einem Patienten heutzutage noch sowas passiert? Sollte euch das ein oder andere doch irgendwie be- kannt vorkommen, scheut euch nicht, eure Chefs darauf anzusprechen und mich zu kontaktieren. Gerne komme ich in eure Praxis und helfe euch die kleinen, versteckten Ecken zu entlarven und auszumerzen.

recall® Das Praxisteam-Magazin immer mit dabei

Mit unserem E-Paper haben Sie die Möglichkeit alle Ausgaben kostenfrei mobil auf Ihrem Smartphone, Tablet oder Laptop zu lesen.

Recall Magazin