Wrigley Prophylaxe Preis 2022

Wrigley Oral Healthcare Program/DGZ
Wrigley Oral Healthcare Program

Frühkindliche Karies im Visier – prämierte Projekte für Kitas, herzkranke Kinder und Hebammen

Heute wurden die Gewinner*innen des Wrigley Prophylaxe Preises bekannt gegeben, der in diesem Jahr zum 28sten Mal verliehen wurde.

Wrigley Prophylaxe Preis-Verleihung 2022:  (von links)   Prof. Dr. Annette Wiegand (Jury, Göttingen), Prof. Dr. Werner Geurtsen (Jury, Hannover), Bettina Berg (2. Platz, Bonn), Prof. Dr. Thomas Attin (Jury, Zürich), PD Dr. Ghazal Aarabi (3. Platz, Hamburg), Prof. Dr. Joachim Klimek (Jury, Gießen), Dr. Louise Holtmann (Sonderpreis, Kiel), Dr. Christian Rath (Jury, Darmstadt), Sibylle Wilczek (Gewinnergruppe 1. Platz, Heidelberg), Prof. Dr. Hendrik Meyer-Lückel (Jury, Bern), Janina Werner (Wrigley Oral Healthcare Program, Unterhaching), Prof. Dr. Rainer Haak (Jury, Leipzig)

Den ersten Platz und 5.000 Euro erhält die Arbeitsgruppe um Dr. Uwe Niekusch vom Zahnärztlichen Dienst des Rhein-Neckar-Kreises in Heidelberg. Ihr Programm zur Gruppenprophylaxe adressiert die unter Dreijährigen – sie sind noch zu häufig von Karies betroffen. Den zweiten Platz, dotiert mit 3.000 Euro, belegen Bettina Berg von der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege e.V. (DAJ) in Bonn und ihr Team. Sie haben ein Unterrichtskonzept zur Mundgesundheit entwickelt, das angehende Hebammen fit für die Prophylaxe-Beratung macht. Der dritte Platz mit 2.000 Euro geht an Privatdozentin Dr. Ghazal Aarabi und ihre Kolleg*innen vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Ihre App stärkt die Mundgesundheitskompetenz bei Risikogruppen. Den mit 2.000 Euro dotierten Sonderpreis „Zahnmedizinische Praxis & soziale Verantwortung“ erhalten Dr. Louise Holtmann und ihre Kolleginnen vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel. Ihr Projekt hat die Zahngesundheit bei Kindern mit angeborenem Herzfehler im Blick.

Der Wrigley Prophylaxe Preis ist eine Institution in der Zahnmedizin. Seit seiner Gründung 1994 wird er jährlich für herausragende Forschung und Projekte auf dem Gebiet der Kariesprophylaxe verliehen. Stifterin ist die zahnmedizinische Initiative „Wrigley Oral Healthcare Program“, die sich für eine Verbesserung der Zahn- und Mundgesundheit in allen Bevölkerungsgruppen einsetzt. Hintergrund ist die Erkenntnis, dass das Kauen von zuckerfreiem Kaugummi den Speichelfluss stimuliert und damit die Zahngesundheit fördert. Es gehört neben Zähneputzen und gesunder Ernährung zu den drei Kernempfehlungen in der medizinischen Leitlinie zur Kariesprophylaxe, die jeder täglich eigenverantwortlich umsetzen kann (www.dgz-online.de/patienten/informationen). Der Preis steht unter der Schirmherrschaft der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ) und wird traditionsgemäß auf deren Jahrestagung verliehen, die in diesem Jahr in Würzburg stattfand. Es wurden 25 und damit außergewöhnlich viele Arbeiten eingereicht; seit Bestehen des Preises gab es nur ein Jahr mit mehr Bewerbungen. Das spiegelt, wie aktuell das Thema Kariesprävention nach wie vor ist.

„Aktion Mäusezähnchen“ fördert Prophylaxe bei den Kleinsten

Frühkindliche Karies ist ein häufiges Problem: Fast 14 % der Dreijährigen in Kitas haben Karieserfahrung, ergab 2016 eine Studie der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege e. V. (DAJ). Das zeigt: Prävention muss früher beginnen als bisher, sprich vor dem dritten Geburtstag. Denn je früher mundgesunde Gewohnheiten und Rituale eingeübt werden, desto besser sind die Chancen für ein kariesfreies Gebiss. Deshalb ergänzte die DAJ ihre Empfehlungen um neue Inhalte der Gruppenprophylaxe für unter Dreijährige, zusätzlich führte der Gesetzgeber 2019 zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen für diese Altersgruppe ein.

Um die Gruppenprophylaxe für unter Dreijährige in Kitas und der Tagespflege zu fördern, entwickelten Dr. Uwe Niekusch, Dr. Abdul-Razak Bissar und Sibylle Wilczek vom Zahnärztlichen Dienst in Heidelberg das Programm „Aktion Mäusezähnchen“. Dafür erhielten sie den ersten Platz und 5.000 Euro.

Das Programm richtet sich sowohl an u3-Kinder als auch an deren Betreuungspersonen wie Erzieher*innen und Eltern und bietet den Teilnehmern die Möglichkeit einer Zertifizierung und ist in allen „u3“-Betreuungsstellen ohne größeren Mehraufwand anwendbar. Es ist modular aufgebaut und enthält Infomaterialien und Schulungsimpulse u. a. zur täglichen Zahnreinigung und zu zahngesunder Ernährung, ebenso Arbeitshilfen, die das Trinken aus dem Becher fördern oder das Abgewöhnen von Schnuller und Daumenlutschen unterstützen. Gleichzeitig bietet das Programm den Einrichtungen einen gewissen Grad an Flexibilität und Selbstbestimmung was die Akzeptanz und Motivation für das Projekt bei den Erziehenden fördert. Geplant ist, dass nicht nur Kitas, sondern auch Arbeitsgemeinschaften bzw. Arbeitskreise für Zahngesundheit Materialien, Ideen, Erfahrungen und Vorschläge in einen Sammelpool einbringen können, der allen Beteiligten zur Verfügung steht. „Dieses offene und partnerschaftliche Konzept hat uns überzeugt“, erklärte Jurymitglied Professorin Annette Wiegand, Universität Göttingen. „Es motiviert zur Mitarbeit und erleichtert Kitas den Einstieg in die Gruppenprophylaxe für die Allerkleinsten, die bislang zu kurz kam. Zudem unterstützt das Projekt die zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchungen und bildet eine gute Grundlage für bestehende Projekte der Gruppenprophylaxe für über Dreijährige.“

Weitere Infos unter: https://agz-rnk.de/category/baby/maeusezaehnchen

Unterricht zur Mundgesundheit für angehende Hebammen

Hebammen spielen eine Schlüsselrolle für Schwangere und junge Eltern. Um sie bereits in der Ausbildung für die Präventionsberatung zu qualifizieren, gehört das Fach „Mundgesundheit für Mutter und Kind“ seit 2019 bundesweit an allen Ausbildungsstätten für Hebammen zum Angebot. Das Unterrichtskonzept wurde federführend von der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege e. V. (DAJ) in Bonn in Kooperation mit dem Deutschen Hebammenverband und mehreren Landesarbeitsgemeinschaften für Jugendzahnpflege erarbeitet. Dafür vergab die Jury den zweiten, mit 3.000 Euro dotierten Wrigley Prophylaxe Preis an Bettina Berg von der DAJ und ihr Team: Gabriele Dyckmans, Heike Eicher, Ursula Günster-Schöning, Jana Lill, Diana Müller, Dr. Annette Muschler, Ute Petrus, Sibylle Bausback-Schomakers, Petra Völkner-Stetefeld, und PD Dr. Yvonne Wagner.

Das Konzept vermittelt in vier bis sechs Schulstunden die wichtigsten Aspekte zur zahnmedizinischen Prävention für die Zeit der Schwangerschaft bis zum Ende des ersten Lebensjahres. Dabei stehen zwei Kernbotschaften im Fokus: Erstens, dass die werdende Mutter effektiv für ihre eigene Zahngesundheit sorgen kann und sollte, und zweitens, dass frühkindliche Karies vermeidbar ist. Hier ist Aufklärung dringend notwendig, denn die Nuckelflasche mit zuckerhaltigen Getränken ist nach wie vor häufiger Auslöser einer frühkindlichen Karies.

App verbessert Mundgesundheit bei Risikogruppen

Manche vulnerablen Bevölkerungsgruppen in Deutschland haben eine schlechtere Mundgesundheit als die Mehrheitsbevölkerung. Sie wissen oft nicht, wo sie sich informieren können und was sie tun sollen, um die Situation zu verbessern. Eine neue App soll helfen, die mangelnde Mundgesundheitskompetenz zu verbessern – ein innovativer Prophylaxe-Ansatz, den die Jury mit dem dritten Platz beim Wrigley Prophylaxe Preis und 2.000 Euro prämierte. Die Auszeichnung ging an Privatdozentin Dr. Ghazal Aarabi und Dr. Christopher Kofahl sowie deren Team vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

Die App berücksichtigt kultur- und migrationsspezifische Besonderheiten, ist in verschiedenen Sprachen verfügbar und enthält mehr als 350 Aufklärungselemente, u. a. zu Mundhygiene, Ernährung, Fluorid, oralen Erkrankungen oder zum deutschen Gesundheitssystem. Die Inhalte werden spielerisch via Multiple-Choice-Quiz und interaktiven Videos vermittelt, etwa zum richtigen Gebrauch von Zahnseide. Motivierend sind auch die Elemente zur Selbstkontrolle und Erinnerungsnachrichten.

Wie effektiv die App ist, wird derzeit in einer randomisiert-kontrollierten Interventionsstudie untersucht. Dafür wurde die Mundgesundheitskompetenz bei 128 App-Anwender*innen und 384 Kontrollpersonen mit einem Fragebogen bei Studienbeginn und nach sechs Monaten gemessen. Erste Daten sind positiv: Im Vergleich zur Kontrollgruppe wussten App-Anwender*innen nach sechs Monaten deutlich besser Bescheid, warum eine gute Mundgesundheit wichtig ist und wie man sie erreicht. Daher ist zu erwarten, dass die Nutzung der App die Mundgesundheit nachhaltig fördert und die übliche zahnärztliche Versorgung ergänzt. 

Sonderpreis: Kariesprophylaxe für Kinder mit Herzfehlern

Für Kinder mit angeborenem Herzfehler ist eine gute Mundgesundheit besonders wichtig. Denn bei einem kariesfreien Milchgebiss sinkt lebenslang das bei einigen Herzfehlern erhöhte Risiko einer Endokarditis. Ursache sind oft Bakterien aus dem Mund- und Rachenraum. Eine Beratung zur Mundhygiene erfolgt bei den regelmäßigen Kontrollterminen in der Kinderkardiologie. Trotzdem werden in der Zahnklinik regelmäßig Kinder mit Herzfehlern vorgestellt, die frühkindliche Karies mit teils ruinösem Zahnstatus haben.

Um die Kariesprophylaxe bei diesen Risikopatienten zu optimieren, haben Dr. Louise Holtmann, Dr. Antje Geiken, Merle Gerstner, Jutta Conradi und Dr. Katy Rinne, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, ein Kooperationsprojekt gestartet. Für ihr Engagement erhielten sie den mit 2.000 Euro dotierten Sonderpreis „Zahnmedizinische Praxis & soziale Verantwortung“. Bei dem Projekt ziehen zwei Fachkliniken an einem Strang: Kommen die Kinder zu den Kontrollterminen in die Klinik für angeborene Herzerkrankungen und Kinderkardiologie, werden sie bei Bedarf in die Zahnklinik überwiesen, die eigens eine Sprechstunde für Kinder und Jugendliche mit Herzfehlern eingerichtet hat. Diese bietet eine engmaschige Prophylaxe und individuelle Betreuung.

Ein zweites Ziel des Projekts war es, die Versorgung dieser Risikopatienten im Lehrplan des Zahnmedizinstudiums zu verankern. Im siebten Semester sind Hospitationstage in der Kinder- und Jugendzahnheilkunde vorgesehen, bei denen Besonderheiten der Behandlung vermittelt werden, z. B. ob vor dem Zahnarztbesuch eine Endokarditis-Prophylaxe mit Antibiotika notwendig ist.

Neu in der Jury: Dr. Rath vom Verein für Zahnhygiene

Dr. Christian Rath, Geschäftsführer des Vereins für Zahnhygiene in Darmstadt, ist als Vertreter des öffentlichen Gesundheitswesens zum ersten Mal im Jury-Team. Er kommentierte als Pate des Unterrichtskonzeptes für Hebammen bei der Tagungseröffnung: „Junge Eltern informieren sich intensiv und detailliert zum Thema Mund- und Zahngesundheit ihrer Kinder. Dabei sind insbesondere Hebammen oft enge, immens wichtige Bezugspersonen. Deshalb ist es ideal, sie für die Mundgesundheit zu gewinnen und auszubilden. So können sie werdende Mütter gezielt informieren und beispielweise Nuckelflaschenkaries oder Zahnfehlstellungen bei vielen Kindern vermeiden“ Die weiteren Mitglieder der unabhängigen Wrigley Prophylaxe Preis-Jury sind Prof. Dr. Thomas Attin, Zürich, Prof. Dr. Werner Geurtsen, Hannover, DGZ-Präsident Prof. Dr. Rainer Haak, Leipzig, Prof. Dr. Joachim Klimek, Gießen, Prof. Dr. Hendrik Meyer-Lückel, Bern, und Prof. Dr. Annette Wiegand, Göttingen.

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