
Parodontitis als systemische Erkrankung verstehen
Parodontitis wird längst nicht mehr nur als lokal begrenztes Zahnfleischproblem gesehen, sondern als systemische Erkrankung mit vielfältigen Auslösern. Neben genetischen Faktoren, Biofilm, Lebensstil und Stress spielt die Ernährung eine immer entscheidendere Rolle: Eine antientzündliche, nährstoffreiche Kost kann die Immunantwort modulieren und den Heilungsverlauf positiv beeinflussen. So sind in der Parodontitistherapie deutlich bessere Ergebnisse erzielbar, wenn eine gezielte Ernährungsberatung angeboten wird.
In verschiedenen Studien wird gezeigt, dass eine niedrigglykämische, pflanzenbetonte Ernährung, reich an Mikronährstoffen, Ballaststoffen, Antioxidantien und Omega-3-Fettsäuren, zu deutlich geringeren Entzündungswerten führt. Dadurch können parodontale Schäden bereits in der Prophylaxe reduziert und der Behandlungserfolg in der Parodontitistherapie verbessert werden.
Mikronährstoffe: Vitamine, Mineralien und Co.
Für den parodontalen Gewebeaufbau und die Regeneration sind Vitamine und Mineralstoffe unverzichtbar. Hier einige Möglichkeiten, die sich praktisch im Praxisalltag umsetzen lassen. Sowohl über Lebensmittel als auch über hochwertige Präparate kann der Bedarf gedeckt werden.
Vitamin C: Stärkt das Immunsystem, fördert die Kollagenbildung und hemmt den Knochenabbau bei Parodontitis-Patientinnen und -Patienten. Aufnahme zum Beispiel über Zitrusfrüchte, Paprika oder Kohlarten.
Vitamin A: Schützt die Mundschleimhäute und verhindert Austrocknung, die das Bakterienwachstum begünstigt. Quellen: rötliche und rote Früchte und Gemüse, zum Beispiel Aprikosen oder roter Paprika.
Vitamin D: Unterstützt den Kalziumstoffwechsel und die Knochengesundheit, wichtig für Implantate und den Zahnhalteapparat. Supplementierung wird häufig empfohlen; Kombination mit K2 kann die Calciumaufnahme fördern.
B-Vitamine (B12, Folsäure): Verbessern die Wundheilung und beugen Mangelzuständen vor, die mit erhöhter Parodontitis-Prävalenz korrelieren. Komplexpräparate sind gut geeignet.
Mineralstoffe (Calcium, Magnesium, Zink): Essenziell für Knochen- und Zahnhartsubstanz; Quellen: Milchprodukte, grünes Blattgemüse, Nüsse, Hülsenfrüchte.
Fettsäuren im Fokus: Omega-3 versus Omega-6
Fettsäuren bestimmen Entzündungsprozesse maßgeblich:
Omega-3-Fettsäuren (zum Beispiel Leinöl, Walnuss- oder Rapsöl, fetter Seefisch) werden zu entzündungshemmenden Eicosanoiden verstoffwechselt und fördern die Geweberegeneration. Nüsse wie Walnüsse, Haselnüsse, Paranüsse oder Pekannüsse eignen sich ebenfalls, hier müssen Allergien beachtet werden. Fischliebhaberinnen und Fischliebhaber greifen auf Hering, Makrele oder Lachs zurück. Patientinnen und Patienten ohne Fischkonsum können auf Algenölkapseln oder Lein- und Rapsöl ausweichen. Morgens ein Teelöffel Leinöl kann schon viel bewirken.
Omega-6-Fettsäuren (zum Beispiel Sonnenblumen- oder Distelöl) produzieren proinflammatorische Mediatoren. Ein Ungleichgewicht zugunsten von Omega-6 begünstigt chronische Entzündungen im Zahnhalteapparat.
Achtung: Viele Fette und Öle, die zum Braten oder Frittieren verwendet werden, enthalten hohe Anteile an Omega-6-Fettsäuren.
Zuckerreduktion und Ballaststoffe
Eine Ernährung mit niedrigem glykämischen Index mindert Plaqueakkumulation und Gingivitis. Industriezucker und Weißmehlprodukte fördern parodontalpathogene Keime und verschieben das mikrobielle Gleichgewicht zugunsten entzündungsfördernder Biofilme. Ballaststoffreiche Kost (Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Gemüse) unterstützt die orale und intestinale Mikrobiota, stärkt die Barriereschichten und moduliert das Immunsystem positiv.
Integration in die Zahnarztpraxis: So gelingt die Patientenberatung
Eine konsequente Ernährungsberatung sollte fester Bestandteil der Parodontitistherapie und Prophylaxe werden:
Schulung des Teams: Praxispersonal sollte Grundkenntnisse zu antientzündlichen Lebensmitteln und Mikronährstoffen besitzen.
Ernährungs-Check-up: Kurzanamnese zu Essgewohnheiten, Fischkonsum und Supplementierung im Rahmen der Prophylaxesitzung.
Handouts und Rezepte: Patientenorientierte Infoblätter mit Listen entzündungshemmender Lebensmittel, einfache Tipps und Rezepte (zum Beispiel Suppen). Abwechslung ist erwünscht, da sie bei Patientinnen und Patienten gut ankommt.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit: Kooperation mit Ernährungsberaterinnen und Ernährungsberatern oder Coaches, um individuelle Mikronährstoffstrategien zu entwickeln.
Kontinuierliche Erfolgskontrolle: Parodontalstatus mit Ernährungs-Feedback korrelieren und in Recall-Termine integrieren.
Eine strukturierte, praxisnahe Ernährungsberatung verbessert nicht nur das patientenseitige Wohlbefinden, sondern signalisiert Wertschätzung und fördert die Compliance. Patientinnen und Patienten erkennen dies und bleiben der Praxis treu.
Motivation für das Team: Mehrwert durch Ernährung
Wenn das Team Ernährungsthemen kompetent anspricht, profitieren alle Beteiligten:
- Langfristig stabilere parodontale Verhältnisse und weniger Rezidive
- Erhöhte Patientenzufriedenheit durch ganzheitlichen Ansatz
- Positionierung der Praxis als Gesundheitsanbieter weit über klassische Zahnreinigung hinaus
Parodontitistherapie trifft Ernährungsberatung
Bereichere deine Parodontitistherapie um das Kapitel „Ernährung” – für gesündere Zähne, zufriedene Patientinnen und Patienten und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
