Lippenherpes in der Zahnarztpraxis: Risiken, Schutzmaßnahmen und Umgang mit betroffenen Patienten

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Gülistan Tapti, Alexander Figge

Lippenherpes ist hochansteckend – besonders in der Zahnarztpraxis. Wie das gesamte Praxisteam das Risiko für eine Herpes-Übertragung reduziert und worauf bei betroffenen PatientInnen zu achten ist, zeigt unser aktueller Fachbeitrag.

Was ist Lippenherpes (Herpes labialis)?

Herpes-simplex-Viren vom Typ 1 (HSV-1), auch bekannt als Herpes-labialis-Viren, sind die häufigsten Erreger von Lippenherpes. Die Viren befinden sich in den Bläschen der Haut und Schleimhaut erkrankter Personen und können durch kleinste Verletzungen von Mensch zu Mensch übertragen werden.

Oft verläuft die Erstinfektion unbemerkt. Das Virus nistet sich anschließend in den Nervenganglien des Nervus trigeminus ein und verbleibt dort lebenslang. Reaktivierungen können jederzeit auftreten – insbesondere bei geschwächtem Immunsystem.

Wann kommt es zu einem Herpes-Ausbruch?

Ein Lippenherpes-Ausbruch wird häufig durch folgende Faktoren ausgelöst:

  • Infektionen wie Erkältungen oder Fieber
  • Psychischer und physischer Stress
  • Sonnenexposition oder hormonelle Veränderungen
  • Mechanische Reizung, etwa durch intensives Küssen

Das Virus wandert entlang der Nervenbahnen zurück zur Hautoberfläche, wo es die typischen juckenden und nässenden Bläschen an der Lippe verursacht.

Warum sind HSV-1-Infektionen in der Zahnarztpraxis relevant?

Etwa 90 Prozent der Bevölkerung in westlichen Ländern tragen HSV-1 in sich. Während viele Infektionen harmlos verlaufen, leiden Patientinnen und Patienten unter den sichtbaren Symptomen und empfinden diese oft als kosmetisch belastend.

Für das zahnärztliche Praxisteam – insbesondere Assistenz, Prophylaxe- und Empfangspersonal – bedeutet das ein erhöhtes Infektionsrisiko. Gerade bei aerosolbildenden Behandlungen oder direktem Kontakt mit Speichel ist besondere Vorsicht geboten.

Herpes und Infektionsschutz: Worauf das Praxisteam achten sollte

Hauptübertragungswege von HSV-1 in der Zahnarztpraxis

  • Direkter Hautkontakt: insbesondere mit offenen Bläschen
  • Kontaminierte Instrumente: Spiegel, Sonden, Pulverstrahlgeräte etc.
  • Tröpfcheninfektion: durch Husten oder Niesen – selten, aber möglich

Herausforderung: Behandlung trotz akuter Herpes-Läsionen

Ein besonderes Risiko besteht, wenn Patientinnen und Patienten mit sichtbaren Herpesbläschen behandelt werden müssen. Selbst ohne aktive Symptome ist eine Virusübertragung möglich. Während eines akuten Ausbruchs ist die Ansteckungsgefahr jedoch am höchsten.

Empfehlungen: So schützt sich das Praxisteam vor Lippenherpes

1. Screening vor der Behandlung

Fragen Sie Patientinnen und Patienten gezielt nach Herpes-Vorkommnissen und achten Sie auf klinische Hinweise wie Kribbeln, Juckreiz oder sichtbare Läsionen im Lippenbereich.

2. Elektive Behandlungen verschieben

Bei akuten oder prodromalen Symptomen (etwa Kribbeln) sollte ein neuer Termin erst nach vollständigem Abklingen der Läsion – in der Regel nach etwa vier Wochen – vereinbart werden.

3. Persönliche Schutzausrüstung (PPE) konsequent nutzen

  • Handschuhe, Gesichtsschutz, Mund-Nasen-Schutz und Schutzbrillen sind essenziell.
  • Einwegbarrieren für Instrumente minimieren die Kreuzkontamination.

4. Strikte Hygienemaßnahmen einhalten

  • Gründliche Desinfektion aller mit Speichel oder kontaminiertem Material in Kontakt gekommenen Oberflächen und Instrumente.
  • Händehygiene: regelmäßiges und gründliches Händewaschen und Desinfizieren – auch wenn kein direkter Kontakt mit den Läsionen stattgefunden hat. HSV-1 kann über kleinste Speichelspuren übertragen werden und bleibt auf Oberflächen zeitweise infektiös.

Kommunikation ist Schlüssel

Klären Sie PatientInnen sachlich und verständlich über das erhöhte Infektionsrisiko auf – zum Beispiel über Hinweise auf der Praxiswebseite, Aushänge im Wartezimmer oder in der OP-Aufklärung vor chirurgischen Eingriffen.

Fazit: Proaktives Herpes-Management schützt das ganze Praxisteam

Ein aktiver Lippenherpes stellt nicht nur für Patientinnen und Patienten ein Risiko dar, sondern auch für alle Mitarbeitenden im zahnärztlichen Team. Mit klaren Regeln, guter Kommunikation und konsequentem Hygienemanagement lässt sich das Risiko jedoch wirksam minimieren.


Vier-Punkte-Plan für mehr Sicherheit in der Zahnarztpraxis:

  1. Screening: Fragen nach Herpes-Infektionen, Lippeninspektion vor der Behandlung.
  2. Behandlungen verschieben: Bei aktiven Läsionen oder ersten Symptomen.
  3. Schutzausrüstung tragen: Handschuhe, Masken, Brillen – bei jedem Patientenkontakt.
  4. Händehygiene & Flächendesinfektion: Auch ohne direkten Bläschenschleimhautkontakt.

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