Oral-B (R) UP TO DATE Fortbildungsreihe

Diesmal in eine ehemalige Gießerei aus dem Jahre 1895, die nicht nur mit ihrer Gründerzeitarchitektur beeindruckt. Zum Warming-up nutzten viele der rund dreihundert Teilnehmer einen Rundgang durch das Da Capo Oldtimermuseum. In der verspiegelten Halle lassen sich glänzende Oldtimer aus über 100 Jahren Automobilgeschichte bestaunen, dazu stilechte Mode aus den 20er bis 50er Jahren. 

Den Auftakt des Abends bestritt Prof. Dr. Norbert Krämer, President-elect der International Association of Paediatric Dentistry, mit seinem Vortrag „Kreidezähne – eine neue Volkskrankheit“, ein in der Fachwelt aktuell viel diskutiertes Thema. Er beleuchtete die Herausforderungen für Praxisteams, mit den akuten Beschwerden von Patienten, die unter Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH) leiden, richtig umzugehen. Behandlungsfotos aus mehreren Jahrzehnten belegten eigene Lernkurven und praxiserprobtes Know-how. Dieser Erfahrungsschatz sorgte für einen anschaulichen und authentischen Auftritt, gewürzt mit einer App-gestützten Live-Befragung zu einzelnen Aspekten des Themas ganz im Stil „Wer wird Millionär“ à la Günther Jauch.

Bei der sogenannten Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH) handelt es sich um eine systemisch bedingte Strukturanomalie primär des Schmelzes, welche an einem bis zu allen vier ersten bleibenden Molaren auftritt. Häufig weisen auch die bleibenden Frontzähne und zunehmend auch die 2. Milchmolaren diese Fehlstrukturierung auf. Aktuelle Studien aus Deutschland zeigen, dass im Durchschnitt etwa 10 bis 15 Prozent der Kinder an MIH leiden. Die jüngste DMSV – Studie zur Mundgesundheit berichtet über knapp 30 Prozent (!) der 12-jährigen Kinder, die diese Strukturanomalie haben. Bezogen auf die Mundgesundheit und die Lebensqualität der Kinder ist MIH mittlerweile ein größeres Problem als Karies in dieser Altersgruppe.

Die Ätiologie der MIH muss bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt als weitgehend ungeklärt angesehen werden. Da die Schmelzentwicklung der ersten Molaren und der Inzisivi zwischen dem achten Schwangerschaftsmonat und dem vierten Lebensjahr stattfindet, muss die Störung auch in dieser Zeitspanne aufgetreten sein. Diskutiert wird ein multifaktorielles Geschehen. Als potenzielle Ursachen kommen Probleme während der Schwangerschaft, Infektionskrankheiten, Antibiotikagaben, Windpocken, Einflüsse durch Dioxine sowie Erkrankungen der oberen Luftwege in Betracht. Aufgrund von Tierversuchen konnte ein Zusammenhang zwischen dem Bisphenol A-Konsum und der Entwicklung von MIH nachgewiesen werden.

Charakteristisch ist, dass die betroffenen Molaren häufig recht empfindlich auf mechanische, thermische und chemische Reize sein können. Erklärt wird dies durch eine chronische Entzündung (Reizung) der Pulpa, bedingt durch die erhöhte Porosität des Schmelzes mit andauernder Einwirkung von Noxen. Die betroffenen Patienten klagen über Schmerzen beim Trinken, Essen und Zähneputzen. Dies beeinträchtigt die Lebensqualität der jungen Patienten und erschwert die Behandlung beim Zahnarzt. Trotzdem ist in diesen Fällen ein schnelles therapeutisches Eingreifen dringend geboten.

Die Art der Behandlung hängt von dem Grad der Erkrankung ab. Dies gilt als Grundlage für das neu entwickelte Würzburger MIH-Konzept (MIH-Treatment Need Index) und soll Zahnärzten als Handlungsanweisung zur angemessenen Versorgung der kleinen Patienten dienen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass MIH aufgrund der Prävalenz als neue Volkskrankheit bezeichnet werden muss. Die schweren Fälle der MIH stellen in der zahnärztlichen Praxis aufgrund der akuten Beschwerden einen Notfall dar. Vom Zahnarzt ist dann ein sofortiges Eingreifen zu erwarten.

Im zweiten Vortrag des Abends erläuterte Dr. med. Catherine Kempf praxisnah an Beispielen die Aspekte des Wissens, welches Zahnmediziner zur Anamneseerhebung und den daraus resultierenden Behandlungsentscheidungen brauchen. Unter dem Titel „Medizin trifft Zahnmedizin – Der Risikopatient in der Prophylaxe: Problem oder trotzdem?“ rüttelte sie mit wichtigen Fragen, beispielsweise wie oft die Anamnese durchzuführen ist, ihr Publikum wach und frischte Wissen mit kurzen Gesetzesauszügen auf. Insbesondere die Behandlung der Risiko-Patienten, zum Beispiel mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, stellt eine tägliche Herausforderung für alle Mitarbeiter in der Zahnarztpraxis dar. Konkret beziehen sich diese auf die Bedeutung der Anamnese und die Konsequenzen für die Terminierung, Lagerung, Therapie, Medikation und vieles mehr. Das Fazit für die Teilnehmer: Der Risiko-Patient in der Prophylaxe – kein Problem, falls er rechtzeitig erkannt wird und die Besonderheiten für dessen Behandlung konsequent beachtet werden.

Auch nach den spannenden Vorträgen konnten die Teilnehmer einzigartige Einblicke hinter die Kulissen der exklusiven Eventlocation ‚Da Capo‘ gewinnen. Bei entspannter After-Work-Atmosphäre mit Getränken und Häppchen im Gespräch mit Kollegen und Referenten konnten die Teilnehmer anschließend den Tag ausklingen lassen.

Für die Teilnahme wurden drei Fortbildungspunkte nach BZÄK und DGZMK gutgeschrieben.

Steigerung der Patientencompliance

Die Patientenberatung ist ein wichtiger Bestandteil der professionellen Zahnprophylaxe und darf nicht unterschätzt werden. Dort erfährt der Patient, angepasst an seine Ist-Situation, alles über die Krankheitsentstehung, -verlauf, Prognose und Vermeidung. Entsprechende Bilder, Beratungskarten oder noch besser Intraoralaufnahmen von der eigenen Situation werden sinnvoller Weise hinzugenommen, so dass der Laie das Gehörte besser verstehen und nachvollziehen kann.

Die Beratung schließt auch die Instruktion und Motivation mit ein, die selbstverständlich bei jeder Recall-Sitzung mit einfließt. Konkret bedeutet das Instruktionen zur Verbesserung und Opti- mierung der bisherigen häuslichen Maßnahmen. Hier erfährt der Patient – angepasst an das derzeitige Mund- und Zahnbefundrisiko – wann er was, wann, wie oft und vor allem womit machen soll.

Der Patient ist mit dem schier unüberschaubaren Angebot im Drogerie- und Apothekenmarkt überfordert und selbst nicht in der Lage, das für ihn richtige Hilfsmittel heraus zu finden. Die Wahl fällt daher nicht selten nach Aussehen und Preisgefüge. Wir, aus der Prophylaxe, sind der Fachmann, haben das Fachwissen und können nach individueller Patientensituation das sinnvolle Pflegeprodukt empfehlen, begründen und praktisch mit dem Patienten üben. Oft hört man, dass dies mehr oder weniger in der Praxis umgesetzt wird, aber der Patient eben nicht die erforderliche Compliance hat. Aber woran liegt diese „Unlust“ das Empfohlene 1:1 umzusetzen? Hat er es nicht verstanden? Sieht er die Notwendigkeit dafür nicht? In diesen Fällen könnte die Prophylaxe Abteilung an der Beratungssituation arbeiten, im Gesprächsaufbau, der Begründung und den praktischen Übungen. Oder hat der Patient (vermeintlich) keine Lust dazu?

Bevor wir zu den Möglichkeiten der Motivationssteigerung kommen – eins vorweg: Die Lust etwas zu machen oder zu ändern ist am Anfang, also gleich nach der Prophylaxesitzung, am größten! Das ist bei uns allen so oder einfach menschlich. Frisch gehört, gesehen und ein tolles Gefühl im Mund, da besteht die Bereitschaft etwas zu verändern. Der Schweinehund kommt erst in den darauffolgenden Tagen, Wochen und Monaten. Diesenanfänglichen Enthusiasmus, müssen wir uns zu Nutzenmachenund dem Patienten Hilfestellung hinsichtlich Produkt und Anwendung geben. Denn er soll nicht mit irgendwelchen Zwischenraumbürsten die Approximalräume reinigen, sondern mit genau denjenigen, die raumfüllend sind und eine Griffform aufweisen, mit welcher die Umsetzung am ehesten zu bewerkstelligen ist. Nicht irgendeine Zahnpasta, sondern diejenige,  die mit ihren Inhaltsstoffen (CPC, CHX, Zinn, Fluorid, Hydroxylapatit…) die Ist-Situation auch verbessern können, nicht irgendeine Mundspüllösung, Zahnbürste, Zungenreiniger usw. Grundsätzlich vertraut uns der Patient (sonst wäre er ja nicht da), wir müssen ihm nur die Umsetzung erleichtern.

Möglichkeit: Notizzettel (Abb. 1)

Die altbewährten Zettel, auf denen die Hilfsprodukte schnell mal nach der Prophylaxesitzung notiert werden, gibt es durchaus noch. Eine gutgemeinte Maßnahme, die nicht nur unprofessionell (wenn ohne Praxis- logo und Design) in der Außendarstellung ist, sondern ganz schnell im Sand verläuft. Denn unser hochmotivierter Patient geht in die Drogerie/ Apotheke um die Dinge einzukaufen, aber dann kommen oft noch viele Hindernisse auf ihn zu: Geschäft geschlossen, das Produkt ist gerade vergriffen oder erst gar nicht vorrätig. Der Verkäufer hilft da gerne, denn er hat „bestimmt“ das mindestens gleichwertige Produkt im Haus….

Voller Verzweiflung kauft der Patient die Alternative und merkt, dass die Anwendung anders ist oder das gewünschte Therapieergebnis ausbleibt. Der Patient wird schnell seine Bemühungen reduzieren, denn das bringt doch eh alles nichts… Nach dieser Vorgeschichte, die übrigens oft im Unterbewusstsein des Patienten abläuft, kann man sich leicht den erneuten Motivationsanlauf in der darauffolgenden PZR oder UPT vorstellen. Die Hürden, den Patienten erneut zu etwas zu bewegen, werden immer höher.

Möglichkeit: Dentalshop (Abb. 2)

Schon besser, denn der Patient hat hier die Möglichkeit, alle empfohlenen Produkte zu erwerben. Wohlgemerkt – er muss nicht, er kann diesen Service nutzen und erspart sich damit Wege und Fehlkäufe. Was so einfach klingt ist allerdings sehr schwer in der Praxis umzusetzen, denn außer den rechtlichen und steuerlichen Hürden muss das Angebot stets überwacht (Nachkauf, Lagerhaltung, Verfallsdatum, Preiskalkulation, Marktvergleich, Verantwortliche…) werden. Zudem sei gesagt, dass ein schön platziertes und auch ansprechendes Regal sich nicht von selbst vermarktet.

Das gesamte Team (nicht nur die Prophylaxe) muss über Inhalt und Indikationsempfehlung geschult/informiert werden, denn nur so kann das Shopangebot gelebt werden. Wenn nur hier und da mal von einer Mitarbeiterin etwas verkauft wird, werden die Produkte schnell zum Ladenhüter und der Shop zum ungeliebten Tätigkeitsbereich der Verantwortlichen.

Möglichkeit: Give away (Abb. 3)

Diese Variante wird meist nach ZE, KFO Beginn, PZR, PA eingesetzt, sprich, der Patient erhält nach der Behandlung gleich seine Pflegeprodukte in die Hand gedrückt. Er geht vorzugsweise mit einer Tüte, auf dem das Praxislogo zu erkennen ist, um damit Werbung außer Haus zu machen. Das wirkt, unterstützt die Motivation und kommt bei den Patienten sehr gut an. Aber auch hier tritt ein Problem zutage (bei unserem nicht abnehmen- den Personalmangel): wer bereitet die Päckchen vor (wohlgemerkt keine Standardfüllung), kauft, lagert und überprüft das Verfallsdatum? Machbar- aber nicht ganz einfach; hier stelle ich auch die Wirtschaftlichkeit in Frage.

Möglichkeit: Praxisservice (Abb. 4)

Wie immer, das Beste oder das Vielversprechendste zum Schluss. Das Praxiskonzept von PickButler (bisheriger Alleinanbieter) hat meines Erachtens die Fehlerquellen der Vergangenheit aufgegriffen, um einen neuen und zeitgemäßen Service sowohl den Patienten als auch den Praxen anzubieten. Der Service beginnt genau zu dem Zeitpunkt, an dem die Prophylaxemitarbeiterin ihre Beratung, Instruktion und Motivation abgeschlossen hat. Genau zu diesem Zeitpunkt wird sie für ihren Patienten ein Überraschungspaket via Internet auf den Weg bringen. Mit nur einem Klick an richtiger Stelle bekommt der Patient die ihm zuvor empfohlenen Produkte (ca. 2 Tage später) per Post zugesandt. Dieser geringe Aufwand ist nur möglich, weil man sich im Vorfeld Gedanken über seine Behandlungsschwerpunkte und Zielgruppen gemacht hat und die entsprechenden Produktempfehlungen zusammengestellt und im PC hinterlegt hat. Kompliziert? Nein, denn diese Pakete haben wir ja schon in unseren Köpfen, sie müssen lediglich im PickButler- Programm (übrigens kostenlos) hinterlegt werden. So kann der Patient weiterhin individuell und nach Produktbelieben beraten werden.

In der Vergangenheit haben sich Servicepakete für PZR, UPT, ÜZ, KFO, Bleaching, PA, ZE oder z.B. Implantatpatienten bewährt. Sie wählen selbst aus dem bekannten OCC Prophylaxekatalog ihre persönlichen Produktfavoriten aus und haben mit der ganzen administrativen Arbeit nichts mehr zu tun: kein Organisationsbedarf beim Einkauf und der Lagerplatzverwaltung… Mit diesem Service überraschen wir unsere Patienten, nutzen die anfängliche Motivation, erleichtern ihm das Umsetzen (denn genau mit den Produkten wurde ja im Vorfeld praktisch geübt), punkten beim Image und besseren Googelbewertungen so ganz nebenbei auf und vieles mehr.

Stellen Sie sich mal das Gesicht Ihrer Patienten vor, die nach Ihrem Besuch ein Päckchen mit einer charmanten Karte erhalten, auf der steht:

„Lieber Patient heute ist ein Überraschungstag für Sie, nicht Sie kommen zu Ihrer Zahnarztpraxis, sondern wir zu Ihnen….“ (selbstverständlich ist der Text individualisierbar).

Für all diejenigen, die diesen Service schon nutzen, empfehle ich den Service zu erweitern z.B. nach dem Einsetzen von hochwertigem Zahnersatz. Damit forciert man auch die Generalisierung der sogenannten A-Kunden, denn wer Gutes tut… über den spricht man gerne! Welches Serviceangebot zu welcher Praxis passt, bleibt einzig und allein die Entscheidung der Praxis. Denn bei allen vorgestellten Möglichkeiten geht es einzig und allein darum, die Patientencompliance und –zufriedenheit zu erhöhen. Therapieergebnisse zu sichern oder zu verbessern, die unser Fachwissen unterstreichen und uns als gewählte Praxis bestätigen. Zufriedene Patienten vertrauen uns und sind kooperativer bei der Termineinhaltung, Behandlung, Mundhygieneumsetzung, fristgerechten Zahlung und Empfehlung.

Also, welches Serviceangebot passt zu Ihnen?

Ihre Vesna Braun

Recall Magazin