Der gelungene Abdruck Teil 2

Ist der Zahn präpariert und poliert und das umgebende Gewebe vertikal und horizontal mittels Retraktionsfäden verdrängt, so kann mit der Vorbereitung für die Abformung begonnen werden. Bei einer Abdrucknahme wird eine Negativform erzeugt, die dann vom Zahntechniker mit Gips ausgegossen wird. Auf diesem Modell wird dann der Zahnersatz gefertigt. Daher ist es besonders wichtig, dass möglichst viele Details von der Abdruckmasse wiedergegeben werden können.

Zunächst wird ein passender Abdrucklöffel ausgewählt. Der Abdrucklöffel sollte starr und stabil sein. Für den Oberkiefer ist häufig ein etwas größerer Löffel empfehlenswert, im Unterkiefer sollte es besser ein kleinerer sein. Das liegt daran, dass die Zähne im Oberkiefer nach bukkal etwas bauchiger sind beziehungsweise die Unterschnitte bukkal liegen. Im Unterkiefer hingegen liegen diese untersichgehenden Bereiche lingual. Es kann ein konfektionierter Abdrucklöffel (Rim-Lock-Löffel) verwendet werden, den es meist in den Größen XS-XL gibt, oder ein individuell angefertigter, sogenannter „individueller Löffel“.

In einigen Fällen kann es auch sinnvoll sein, einen konfektionierten Löffel zu individualisieren. Mit lichthärtendem Löffelmaterial kann der konfektionierte Löffel zum Beispiel nach distal hin verlängert werden. Auch wenn der Löffel von der Größe her passt, ist eine dorsale Abdämmung empfehlenswert, da sich gerade bei Abformungen an den endständigen Zähnen oft die Abdruckmasse nach hinten hinausdrängt und nicht genug Staudruck erzeugt werden kann, um eine präzise Abformung zu erhalten.

Mit dem lichthärtenden Löffelmaterial können auch okklusale Stopps am konfektionierten Löffel vorbereitet werden. Diese Stopps im nichtpräparierten Bereich sorgen dafür, dass der Löffel bei der Abdrucknahme nicht zu tief hinuntergedrückt werden kann und sichert eine genaue Wiedergabe der Kauflächen, die für die Anpassung der Okklusion durch den Techniker unabdingbar ist. Ein weiterer Stopp kann palatinal angebracht werden. Mit Knetsilikon im Abdrucklöffel wird zunächst eine Abformung des Gaumens gemacht und dann im Löffel passend beschnitten.

Dadurch ergeben sich einige Vorteile bei der Präzisionsabformung: der Abdrucklöffel wird daran gehindert zu weit hinuntergedrückt zu wer- den; der Staudruck wird erhöht, da der große Hohlraum im Gaumen bereits gefüllt ist und der Löffel erhält eine gewisse Führung, da das abgezeichnete Gaumendach wie eine Leitschiene funktioniert. Generell ist es empfehlenswert, den Löffel von der Person anprobieren zu lassen, die auch den Abdruck durchführt. So kann man sich die Dimensionen gut einprägen und später den befüllten Abdrucklöffel problemlos und in geübter Einschubrichtung einsetzen. Im Unterkiefer ist es besonders wichtig, dass der Patient angewiesen wird, die Zunge anzuheben, damit sichergestellt wird, dass der Abdrucklöffel auch wirklich bis auf den Mundboden sinkt. Es sollten mindestens 3 mm Abstand vom Zahnäquator zur Löffelwand sein. Hat man zu viel Abstand, so kann eventuell nicht genug Staudruck durch die Abformmasse aufgebaut werden. Bei zu wenig Platz kann auch nur wenig Material einfließen. Dieses ist dann nicht so stabil und kann sich bei der Entnahme verformen oder sogar ausreißen.

Ist ein passender Abdrucklöffel gefunden worden, so wird dieser mit Adhäsiv bestrichen, damit das Abdruckmaterial sich nicht vom Löffel ablösen kann. Der Haftvermittler darf aus hygienischen Gründen nicht direkt mit dem Pinsel im Fläschchen aufgetragen werden, da der anprobierte Abdrucklöffel bereits Kontakt mit der Mundschleimhaut hatte. Man füllt am besten eine kleine Menge in ein geeignetes Gefäß und trägt es dann mit einem Einmal-Applikationspinsel auf. Es sollte darauf geachtet werden, dass sich keine Pfützen bilden, denn dann wäre die Schichtstärke zu groß, um zu trocknen.

Das Adhäsiv sollte möglichst so aufgetragen werden, dass es vor der Abdrucknahme noch trocknen kann. Dafür sollte man etwa fünf bis zehn Minuten rechnen. Bitte beachtet die Angaben des Herstellers, da diese Zeit variieren kann. Diese Trocknung ist erforderlich, damit sich die Lösungsmittel verflüchtigen können und der Haftvermittler seine optimale Haftkraft entfalten kann. Das Adhäsiv muss zwingend mit dem später verwendeten Abdruckmaterial kombinierbar sein.

Es gibt unterschiedliche Adhäsive für A-Silikone, Polyether oder für Alginate. Das heutzutage fast ausschließlich verwendete Verfahren zur Abformung ist die elastische-irreversible Abformung. Verwendet werden dafür vorrangig elastische Kunststoffe, die Elastomere. Dazu gehören die Polyether (zum Beispiel Impregum) und die Silikone (zum Beispiel Imprint). Diese Materialien sind nach der Abbindung noch leicht beweglich, aber nicht mehr verformbar. Dieses Rückstellungsvermögen ist ein Qualitätsmerkmal von Abdruckmassen. Moderne Abdruckmaterialien weisen eine fast vollständige Rückstellung auf.

Die Rückstellung ist für den Zahntechniker von Bedeutung. Er muss über die Rückstellungszeit des verwendeten Materials informiert werden. Denn wenn ein Abdruck vor Ablauf der Rückstellzeit durch den Techniker ausgegossen wird, so erhält er möglicherweise falsche Dimensionen und der angefertigte Zahnersatz passt nicht präzise. Unmittelbar vor der Abdrucknahme sollte der Zahnstumpf noch gesäubert werden. Reste von haemostatischen Mitteln auf Adrenalin- oder Eisen(III)-Sulfat-Basis, die zum Tränken von Retrak- tionsfäden verwendet wurden, müssen sorgfältig mit Wasserspray und gegebenenfalls mit Alkohol entfernt werden, da sie die Polymerisation von Polyethern verzögern beziehungsweise beeinträch- tigen können.1

Wurde vor der Präparation ein Kompositaufbau gemacht oder die Abformung für das Provisorium vor der Abdrucknahme durchgeführt, so kann eine methacrylhaltige Schmierschicht am Zahn verblieben sein. Diese muss zwingend entfernt werden, da sonst auch dadurch die Polymerisation beeinträchtigt wird. Bei einer Reinigung und Trocknung mit Alkohol muss darauf geachtet werden, dass der Zahn nicht „übertrocknet“ wird. Das kann bei vitalen Zähnen zu einer Reizung der Pulpa führen. Der Alkohol entzieht dem Zahn bei der Verdunstung Flüssigkeit, so kann auch der Liquor aus den Dentintubuli gezogen werden, was eine Hypersensibilität des Zahnes zur Folge hat.

Bei der Verwendung von einigen Vinyl Polysiloxan-Materialien (A-Siliko- nen) sollte beachtet werden, dass eine Inhibition der Polymerisation auch durch Latexhandschuhe verursacht werden kann. Bei Nitril- oder Polyvi- nylhandschuhen besteht diese Gefahr nicht, daher sind Handschuhe aus diesen Materialien bei der Abformung zu favorisieren.2

Es gibt verschiedene Vorgehensweisen bei der Abformung. Die Doppelmischabformung ist zum Beispiel eine einzeitige, zweiphasige Abfor- mung, bei der der Abdrucklöffel mit einem zähflüssigen (Medium Body) Material befüllt wird und über den mit niedrigviskosem Abdruckmaterial (Light Body) umspritzten präparierten Zahnstumpf eingesetzt wird. Bei diesem Verfahren, wobei weich in weich abgeformt wird, härten die Materialien gemeinsam und gleichzeitig aus. Man spricht auch von der Putty-Wash-Technik.

Bei der Applikation des dünnfließenden Materials im Mund wie auch bei der Befüllung des Abdrucklöffels sollte stets darauf geachtet wer- den, dass die Applikationsspitze im Material geführt wird. Dies vermindert die Entstehung von Lufteinschlüssen. Wurde der Abdrucklöffel nicht im Vorfeld palatinal abgedämmt, so ist es wichtig, dass auch der Gaumenbereich im Abdrucklöffel gefüllt wird. Häufig wird dies aus Gründen der Materialersparnis unterlassen, aber nur mit gefülltem Gaumen kann genug Staudruck aufgebaut werden, der für eine präzise Abformung dringend erforderlich ist. Der Abdrucklöffel sollte langsam und mit gleichmäßigem leichten Druck von dorsal nach frontal einge- setzt werden, um die Auslösung eines Würgereizes beim Patienten zu verhindern. Dafür bietet sich auch eine aufrecht sitzende Positionie- rung des Patienten an. Der eingesetzte Löffel sollte während der Abbindezeit nicht bewegt oder übergeben werden, dies könnte zu einer Dimensionsveränderung führen.

Auch bei der Entnahme der Abformung aus dem Mund gibt es einiges zu beachten. Um einer Deformierung der Abformung entgegenzuwirken, sollte man einerseits die Abbindezeit des Abdruckmaterials genauestens beachten (zum Beispiel durch Verwendung eines Timers) und andererseits bei der Entnahme stets die Zahnachse der präparierten Zähne berücksichtigen. Im Seitenzahnbereich des Unterkiefers bedeutet das, dass der Löffel auf der Seite der Präparation gelöst wird und zur kontralateralen Seite entfernt wird. Im Oberkiefer-Seitenzahnbereich verhält es sich genau andersherum. Da sollte der Abdrucklöffel zunächst auf der der Präparation gegenüber liegenden Seite gelöst werden. Bei Abformungen im Frontzahnbereich sollte der Löffel auf beiden Seiten von dorsal beginnend entnommen werden.

Sind Präparationen auf beiden Seiten abzuformen, so kommt es unvermeidbar zu Stauchungen und Deformationen bei der Entnahme. Um diese Ungenauigkeiten so gering wie möglich zu halten, sollte hier ein individueller Abdrucklöffel verwendet werden, durch den das Abdruckmaterial mit größerem Druck ausfließen und eine stabile Schichtstärke erreichen kann.

Bei jeder Abformung kann es dazu kommen, dass sich ein Vakuum bildet und der Löffel schwierig zu entfernen ist. Hier hilft die Abgabe von Luft in den Raum zwischen Zähnen und Abdruckmaterial und gegebenenfalls eine kreisförmige Mobilisation der Wange.

Erfolgreich war die Abformung, wenn alle Zähne vollumfänglich abgeformt sind, besonders im distalen Bereich, sich die Zahnreihe in der Mitte des Abdrucklöffels befindet und genügend Abstand zum Rand hat. Außerdem, wenn der Abdrucklöffel nicht okklusal beziehungsweise inzisal durchgedrückt ist und die Präparationsgrenze gut und vollständig ohne Ausrisse, Blasen oder Verformung zu erkennen ist.

Bevor der Abdruck ins zahntechnische Labor gegeben wird, muss er nach Herstellerangaben desinfiziert werden, da sich Keime auf dem Abdruckmaterial bestens vermehren können. Bei der Versendung ins Labor ist darauf zu achten, dass Polyether-Abformungen nicht mit Alginat-Abformungen zusammen in einem Beutel versendet werden. Auch sollten sie trocken, kalt und vor Sonnenlicht geschützt transportiert werden. Alginate werden am besten mit einem feuchten Tuch umhüllt in einem wiederverschließbaren Plastikbeutel versendet und möglichst zeitnah ausgegossen. Ist dies nicht gewährleistet, so sollte die Abformung mit einem A-Silikon getätigt werden.

A-Silikone sind unproblematisch bei Lagerung und Transport, sie sollten trocken und nicht allzu warm aufbewahrt werden. Für einen detaillierten Gegenkieferabdruck eignet sich Silginat von Kettenbach. Es zeichnet sehr genau ab, der Abdruck ist gut lagerbar und kann sogar mehrmals ausgegossen werden. Durch die präzise Wiedergabe der Kauflächen, kann auch die Okklusion des angefertigten Zahnersatzes besser eingestellt werden. Bevor der Patient die Praxis verlassen kann, werden Provisorien zum Schutz der präparierten Zähne angefertigt oder bereits vorhandene wiedereingesetzt.

Provisorien oder temporär eingegliederter Zahnersatz muss nach der Entnahme und vor dem Wiedereinsetzen vom provisorischen Befestigungszement (häufig Temp Bond) befreit werden. Wird diese Säuberung mit manuellen Instrumenten wie Sonde, Exkavator oder Sca- ler durchgeführt, so kommt es häufig zu Beschädigungen an den oft dünnen Wänden der Provisorien. Zudem besteht die Gefahr, dass man sich beim Abrutschen verletzten kann. Aus diesen Gründen haben wir mittlerweile in unserer Praxis ausschließlich temp:ex der Firma Renfert im Einsatz. Die alkalische Lösung weicht den zinkoxidhaltigen provisorischen Zement in kurzer Einwirkdauer auf, sodass er sich mit Wasser abspülen lässt. Auch ist es möglich, die Provisorien in einem speziellen Behältnis im Sympro Prothesenreinigungsgerät reinigen zu lassen. Dies ist eine sehr komfortable und zeitökonomische Methode, die zudem ein hohes Maß an Sicherheit garantiert. Die Provisorien werden rückstandslos vom temporären Befestigungszement befreit, ohne dass die Gefahr besteht, sie zu beschädigen. Das temp:ex ist aus unserem Praxisalltag nicht mehr wegzudenken.

Tipp: Abrechnungsempfehlungen hierzu, von der Abrechnungsexpertin Jana Brandt, findet ihr hier.


Literatur:

1) (O’Mahony et al., 2000); 2) (Kimoto et al., Kahn et al. 2005)

Der gelungene Abdruck Teil 1:

Ist der Zahn präpariert, wird die Abdrucknahme vorbereitet. Voraussetzung für einen gelungenen Abdruck ist ein erfolgreiches Weichgewebsmanagement. Der Zahnstumpf muss so abgeformt werden, dass man den Bereich zwischen unberührter und beschliffener Zahnhartsubstanz exakt darstellen kann und dieser sich im Abdruckmaterial deutlich zeigt. Doch das ist nicht immer so leicht.

Um die Präparationsgrenze darzustellen, muss der Sulkus temporär eröffnet und das Gewebe vertikal und horizontal verdrängt werden. Dazu eignen sich mechanische, chemische oder chirurgische Maßnahmen, die gegebenenfalls auch kombiniert werden können 1. Dadurch wird sichergestellt, dass das Abdruckmaterial bei der Präzisionsabformung in diesen Bereich ausfließen und ihn darstellen kann. Die Aufdehnung der Weichgewebsmanschette ist notwendig, da das Abdruckmaterial eine gewisse Schichtstärke braucht, um bei der Entnahme stabil zu bleiben und nicht zu deformieren oder auszureißen. Gleichzeitig erreicht man die Trockenlegung des abzuformenden Gebietes. Diese ist erforderlich, da elastomere Abdruckmaterialien hydrophob sind, das heißt, dass Sulkusflüssigkeit, Speichel und/oder Blut eine detaillierte Wiedergabe behindern würden.

Die erste Entscheidung, die getroffen werden muss, ist die, ob sofort nach dem Beschleifen abgeformt werden soll oder erst einige Zeit später. Bei dieser Entscheidung ist zu beachten, dass bei einer sofortigen Abformung die Blutung, die durch die präparationsbedingte Verletzung der Gingiva verursacht wurde, gestillt werden muss. Sollte die Traumatisierung des Gewebes keine ausreichende Trockenlegung erlauben, sollte ein neuer Termin nach frühestens einer Woche vereinbart werden. Es ist dabei wichtig, dass mindestens eine Woche abgewartet wird, da das Granulationsgewebe, welches nach dem Trauma während der Heilung gebildet wird, stark durchblutet ist und erst nach etwa sieben Tagen wieder natürlich, also ohne übertriebene Blutung, auf Retraktionsmaßnahmen reagiert.

Die Blutungsfreiheit der Gingiva während des Abformprozesses ist unter anderem von diesen Faktoren abhängig:

  • gesundes gingivales Weichgewebe
  • gute Passung der Interimsversorgung
  • gründliches Entfernen von Resten des provisorischen Zements
  • gute häusliche Mundhygiene
  • vorsichtiges Legen des Retraktionsfadens 2

Die Verwendung von Retraktionsfäden zur temporären Gingivaverdrängung wurde bereits 1951 von Thompson beschrieben. Damals wurde ein befeuchteter Baumwollfaden ohne Zusatz chemischer Substanzen verwendet und war somit eine rein mechanische Methode der Gingiva- retraktion. Heutzutage werden fast immer chemische Zusatzstoffe benutzt, um die Effizienz des Fadens zu erhöhen. Man spricht daher von einer chemo-mechanischen Technik. Bevor mit dem Einbringen des Fadens begonnen wird, empfiehlt es sich, zur Trockenlegung am präparierten Pfeiler eine kleine Menge Anästhesiemittel zu injizieren. Das darin enthaltene Adrenalin (Vasokonstriktor) bewirkt eine lokale Blutleere und Schrumpfung im Gingivasaum. Das Gewebe wird ischämisch und blutet nicht mehr. Diese Behandlung darf nicht von der zahnmedizinischen Assistenz durchgeführt werden, sondern allein von einem approbierten Zahnarzt. Auch die Auswahl des geeigneten Hämostyptikums zur Blutstillung wird vom Behandler unter Berücksichtigung des parodontalen und physischen Gesundheitszustands getroffen.

Bei stärker blutendem Zahnfleisch kann mit einer weiteren chemischen Methode zur Blutstillung gearbeitet werden, den Adstringenzien wie Alaun (Kaliumaluminiumsulfat), Aluminiumsulfat, Aluminiumchlorid (zum Beispiel Viscostat clear von Ultradent) oder Eisensulfat. Diese Metallverbindungen bewirken einen Verschluss der verletzten, geöffneten Kapillaren. Anders als zum Beispiel bei der Anwendung von Vasokonstringentien wie Adrenalin sind hierbei keine systemischen Nebenwirkungen bekannt. Die kapillare Blutung im Sulkus wird durch die vasokonstriktorische (gefäßverengende) Wirkung und Ausfällung (Verklumpung) von Gewebeproteinen sowie einer Gewebekontraktion erreicht. Beim weiteren Vorgehen muss darauf geachtet werden, dass die entstandenen Koagula weggespült werden, da sie den Abdruck ver- fälschen würden. Auch sollten Hilfsmittel, die Aluminiumverbindungen enthalten, immer sehr gründlich abgespült werden, da sie die Aushärtereaktion von Polyethern inhibieren können. Abhängig vom parodontalen Zustand kann es sinnvoll sein, Hämostyptika zu kombinieren. Eine erste Blutstillung kann etwa mit Eisensulfat mit anschließender Insertion von mit Aluminiumsulfat getränkten Fäden erfolgen. Aluminiumsulfat (zum Beispiel ORBAT sensitive von lege artis) ist ein mildes Adstringens, das am wenigsten irritierend auf das Gewebe wirkt.3, 4, 5

Produkte, die auf Eisensulfatgel basieren, sind schonend zu Hart- und Weichgewebe. Viscostat von Ultradent ist ein 20%-iges Eisensulfatgel, das in das Gewebe eindringt und für eine sofortige Hämostase sorgt. Daher ist es sehr wichtig, dass das Gel in das Gewebe eingearbeitet wird und nicht nur am Gingivarand appliziert wird. Erst durch das Einreiben kann der Wirkstoff in die Kapillaröffnungen eindringen und durch die Erzeugung von Mikro-Koagula die Blutstillung im Gewebe hervorrufen. Hierzu gibt es bürstenähnliche Aufsätze, mit denen das Gel appliziert werden kann. Der Erfolg der Blutstillung kann überprüft werden, indem das Produkt mit Wasserspray abgespült wird. Entsteht keine erneute Blutung, so war die Anwendung erfolgreich. Steigt wieder Blut aus dem Sulkus hervor, kann der Vorgang zwei bis drei Mal wiederholt werden. Es sollte durch die Provokation mittels Wasserspray keine weitere Blutung mehr ausgelöst werden können. Die optimale Kontaktzeit liegt bei ein bis drei Minuten, die Höchstverweildauer bei bis zu 20 Minuten.

Gerade bei Verwendung im Frontzahnbereich sollte der Patient darauf hingewiesen werden, dass es zu einer leichten bräunlichen Verfärbung im Gewebe kommen kann, die nach etwa zwei Tagen wieder verblasst. Keinesfalls sollte Eisensulfat in Kombination mit Adrenalin angewendet werden, da es dabei zu einer massiven blau-schwarzen Verfärbung im Gewebe kommen kann.

Alle Maßnahmen, die im Rahmen des Weichgewebsmanagements getätigt werden, haben invasive Folgen für das Weichgewebe. Doch die Verletzungen sind reversibel. Das Saumepithel ist im Vergleich zu den anderen oralen Epithelien normalerweise sehr regenerationsfähig.6 Bereits nach etwa fünf Tagen hat ein erneutes Reattachment stattgefunden. Dennoch kann es auch durch das Legen von Retraktionsfäden zu bleibenden Schädigungen wie Rezessionen von bis zu 0,2 mm 7 kommen.

Die Technik nach Labban 8 besagt, dass der Faden erst an der oralen Seite in den Sulkus einzubringen ist und erst ganz zum Schluss ist am vestibulären Sulkusanteil weiter zu arbeiten. Dieses Vorgehen verringert die Verweildauer im vestibulären und damit ästhetisch relevanten Bereich und kann der Entstehung von Rezessionen entgegen wirken. Die Läsion des Weichgewebes ist abhängig von folgenden Faktoren: der Liegedauer des Fadens im Sulkus, der Krafteinwirkung beim Einbringen und damit einhergehender möglicher Verletzung der Sharpeyschen Fasern sowie der Wahl des blutstillenden Medikaments und dessen gewebeschädigenden Eigenschaften.

In unserer Praxis wird ausschließlich mit Ultrapak-Fäden von Ultradent gearbeitet. Diese Fäden sind schlauchförmig geflochten und lassen sich besonders gut am Zahn adaptieren. Durch ihr großes Volumen üben sie Druck auf die Gingivamanschette aus und ermöglichen so eine optimale Retraktion im Sulkus.

Es gibt zwei Methoden beim Legen von Retraktionsfäden: die Einfaden- und die Doppelfadentechnik. Letztere gilt als Gold-Standard 9, die in unserer Praxis fast ausschließlich angewendet wird. Das Einbringen von Retraktionsfäden erfordert viel Erfahrung und technisches Verständnis.10

Zum Legen von Retraktionsfäden eignen sich spezielle Legeinstrumente oder auch ein Heidemannspatel. In einigen Situationen macht es auch Sinn, beide Instrumente zu kombinieren. Gerade die vestibulären Anteile des Fadens lassen sich oft besser mit einem Heidemann in den Sulkus einbringen als mit einem Fadenleger. Der Fadenleger von Ultradent hat eine abgerundete und flache Instrumentenspitze, die verzahnte Anteile besitzt. Diese helfen, den Faden an Ort und Stelle zu halten und ihn ohne Verletzung des gingivalen Attachments einzubringen. Das Instrument sinkt in den Faden ein und kann aufgrund der Verzahnung nicht abrutschen. So ermöglicht es ein sicheres Arbeiten.

Primär wird ein dünner, getränkter Faden (#000) zirkulär um den präparierten Zahn gelegt. Dieser Unterfaden dient der vertikalen Verdrängung und sorgt dafür, dass keine Sulkusflüssigkeit austritt. Außerdem stabilisiert er die Weichgewebsmanschette. Der Unterfaden muss zwingend unterhalb der epi- oder subgingivalen Präparationsgrenze appliziert werden. Beim Legen des Fadens ist darauf zu achten, dass er vorsichtig und ohne viel Druck eingebracht wird, um Weichgewebsschäden am empfindlichen Faserapparat zu vermeiden.

Ist der Faden eingebracht, so ist es erforderlich, ihn passend zu beschneiden. Ein zu kurzer Faden kann dazu führen, dass die Präparationsgrenze nicht vollständig dargestellt werden kann und ein zu langer Faden, dass er mit der Abformmasse verbäckt und ebenfalls das Abformergebnis negativ beeinflusst. Idealerweise hat dieser Faden auch eine dunkle Farbe, damit er gut vom umgebenen Gewebe unterschieden werden kann.

Der Primärfaden verbleibt während der Abformung im Sulkus. Darüber wird der Sekundärfaden eingelegt. Dieser sollte deutlich größer sein und wird oberhalb des Unterfadens platziert. Eine grobe Größenabschätzung kann man dieser Empfehlung der Firma Ultradent entnehmen: Größe 0 für den anterioren Bereich, Größe 1 ebenfalls für den Frontzahnbereich oder die Prämolaren, Größe 2 und 3 für die Molaren oder bei ungünstigen parodontalen Voraussetzungen.

Mit diesem zweiten Faden wird die laterale Aufdehnung der Weichgewebsmanschette erzielt. Insgesamt bleiben die Fäden bis zu fünf Minu- ten im Sulkus. Direkt vor dem Umspritzen mit der Korrekturmasse wird der obere Faden entfernt. Der untere Faden verbleibt während des Abdrucks als „Dichtung“ im Sulkus.

Nach der Abdrucknahme muss unbedingt daran gedacht werden, den Unterfaden zu entfernen. Verbleibt dieser im Sulkus, kann eine schwere Entzündung die Folge sein. Also ist unbedingt sicherzustellen, dass der Faden entfernt wird. Gewebeschonend ist es, den Faden vor dem Herausnehmen zu befeuchten. Ähnlich wie die Watterolle, die in der Wange mit der Schleimhaut verklebt, kann auch der Faden so viel Feuchtigkeit aus dem Sulkus ziehen, was ja auch gewollt ist, dass eine Verklebung entsteht. Entfernt man nun den Faden ohne Befeuchtung, so schädigt man das Gewebe zusätzlich. Damit sich das Zahnfleisch schneller beruhigt, empfehlen wir dem Patienten gerne, für ein paar Tage mit CHX Gel zu putzen.


Tipp: Abrechnungsempfehlungen hierzu, von der Abrechnungsexpertin Jana Brandt, findet ihr hier.


Literatur:

Donovan & Chee, 2004 / Livaditis, 1998 / Harrison, 1961 / Löe und Silness 1963, / Weir und Williams 1984 / Gehrcke et al. 2014 / Ruel et al., 1980 / Labban 2011 / Tosches, Salvi, 2009 / Poss, 2002

Recall Magazin