
Was ist passiert?
Im aktuellen Fall vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm reichte ein Arbeitnehmer eine online bestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) ein. Er hatte sich für die billigere Variante entschieden: „Krankschreibung ohne Gespräch“ entschieden, die von einem ausländischen Arzt ausgestellt wurde – komplett ohne Video, Telefonat oder Chat. Die Bescheinigung enthielt sogar den Hinweis, dass sie einen geringeren Beweiswert habe und bei Arbeitgebern zu Problemen führen könne.
Genau so kam es auch. Nach interner Prüfung kündigte der Arbeitgeber fristlos – und das Gericht bestätigte diese Entscheidung.
Warum ist das so heikel?
Laut Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie darf eine Arbeitsunfähigkeit nur nach ärztlicher Untersuchung festgestellt werden, die entweder persönlich, telefonisch oder per Video durchgeführt wird. Ein reiner Online-Fragebogen reicht dafür nicht aus.
Das Gericht sah im Verhalten des Arbeitnehmers eine bewusste Täuschung, da er durch
die Einreichung der Bescheinigung den Eindruck erweckt habe, es habe einen ärztlichen Kontakt gegeben. Das stimmte aber nicht.
Das LAG Hamm sprach von einem „erheblichen Vertrauensbruch“. Eine Abmahnung sei nicht nötig gewesen – die fristlose Kündigung war rechtens.
„Aber ich war doch wirklich krank…“?
Dieses Argument brachte der Arbeitnehmer übrigens vor. Er sei tatsächlich krank gewesen und habe nur eine „praktische Lösung“ gesucht. Das Gericht ließ das jedoch nicht gelten. Entscheidend sei nicht, ob jemand krank ist, sondern ob die AU den formalen Anforderungen entspricht.
Was bedeutet das für euren Praxisalltag?
ZFA sollten die Risiken von Online-Angebote kennen:
Für die Praxis ist wichtig:
- Eine „AU ohne Arztkontakt“ besitzt keine arbeitsrechtliche Beweiskraft.
- Arbeitgeber dürfen solche Bescheinigungen zurückweisen.
- Der/die Beschäftigte muss dann eine gültige AU nachreichen.
- Wenn klar ist, dass bewusst eine unzulässige Bescheinigung genutzt wurde, kann das sogar zur fristlosen Kündigung führen.
Woran erkennt man fragwürdige Online-AUs?
- Es gab keinerlei persönlichen, telefonischen oder videobasierten Kontakt.
- Die AU kommt aus dem Ausland.
- Sie weist selbst darauf hin, dass der Beweiswert eingeschränkt ist.
- Der Service wird als „ohne Arztgespräch“ beworben.
Oft unterscheiden Anbieter zwei Varianten: eine teure „mit Arztgespräch“ und eine günstige „ohne Gespräch“ – genau wie im entschiedenen Fall.
Warum ist das Thema für die ZFA relevant?
Für Praxismitarbeitende bedeutet das Urteil keine generelle Gefahr, im Krankheitsfall plötzlich ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Entscheidend ist, wie eine Arbeitsunfähigkeit festgestellt wurde. Das Risiko entsteht ausschließlich bei bewusst gewählten Online-Bescheinigungen ohne ärztlichen Kontakt. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts macht deutlich, dass sich solche Angebote nicht lohnen und unerfreuliche Konsequenzen nach sich ziehen können.
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