
In vielen Zahnarztpraxen ist der Fachkräftemangel längst Alltag. Es gibt offene Stellen, die nur schwer zu besetzen sind und Teams, die überlastet sind. Während sich der Fachkräftemangel in anderen Branchen leicht entspannt hat, bleibt er in der Zahnmedizin weiterhin dramatisch. Laut der aktuellen Fachkräfteengpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit sind Zahnmedizinische Fachangestellte (ZFA) weiterhin der am stärksten betroffene Engpassberuf auf Fachkraftniveau.
ZFA bleiben der größte Engpassberuf
Deutschlandweit sank die Zahl der sogenannten Engpassberufe zuletzt leicht – von 183 auf 163. Für ZFA änderte sich jedoch kaum etwas. Mit einem Punktwert von 2,8 belegen sie erneut den Spitzenplatz der Statistik. Zahnarztpraxen müssen im Schnitt mehr als vier Monate warten, bis eine ausgeschriebene Stelle besetzt werden kann.
Gesucht werden längst nicht nur ZFA, sondern auch ZMF, ZMV und Zahntechniker. Auf eine offene Stelle kommen im Schnitt 3,5 Bewerbungen, von denen die meisten nicht den Anforderungen entsprechen. Fachkenntnisse, Sprachbarrieren oder mangelnde Erfahrung führen dazu, dass Bewerbungsprozesse immer länger dauern – im Schnitt rund sechs Monate. Praxen geben an, offene Stellen gar nicht mehr vollständig besetzen zu können.
Bürokratie frisst Arbeitszeit
Neben dem Mangel an Fachkräften sorgt auch die wachsende Bürokratie für Unmut. Laut der Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung (KZBV) beeinträchtigen Dokumentationspflichten, Verwaltungsvorgaben und neue gesetzliche Anforderungen den Praxisalltag massiv.
Es müsse dringend verhindert werden, dass Fachkräfte aufgrund der hohen Arbeitsbelastung ihre Freude am Beruf verlieren, fordert die KZBV nachdrücklich. Statt am Patienten zu arbeiten, verbringen viele ZFA einen immer größeren Teil ihrer Arbeitszeit mit Verwaltungsaufgaben – ein weiterer Faktor, der zur Frustration beiträgt.
Beliebter Ausbildungsberuf mit schwierigem Berufsalltag
Dabei zählt der Beruf der Zahnmedizinischen Fachangestellten laut Statistischem Bundesamt zu den beliebtesten Ausbildungsberufen junger Frauen. In der Praxis zeigt sich jedoch ein anderes Bild: Viele wechseln nach wenigen Jahren den Beruf oder verlassen die Dentalbranche ganz.
Der Rückgang hat viele Gründe – und sie betreffen längst nicht nur den Nachwuchs. Immer mehr Fachkräfte wünschen sich Arbeitsbedingungen, die zum Leben passen: faire Bezahlung, planbare Zeiten und echte Perspektiven. Wo diese fehlen, zieht es Menschen in andere Branchen, die ähnliche Gehälter, aber mehr Flexibilität, Wertschätzung oder Homeoffice bieten.
Was Praxen jetzt tun können
Um dem entgegenzuwirken, setzen einige Praxen auf Weiterbildung und Spezialisierung im bestehenden Team. Wenn ZFA durch Fortbildungen zur Prophylaxe- oder Verwaltungsassistenz aufsteigen, steigert das ihre Motivation und Bindung – kostet aber kurzfristig Zeit und Geld. Langfristig kann sich diese Investition allerdings lohnen.
Ein weiterer Ansatz ist die gezielte Nachwuchsförderung. Kooperationen mit Schulen, die Teilnahme an Ausbildungsmessen oder das Angebot von Praktika können dabei helfen, junge Menschen frühzeitig für den Beruf zu gewinnen. Vor allem größere Praxen oder MVZ nutzen inzwischen Social Media, um sich als moderne Arbeitgeber zu präsentieren – oft mit Erfolg.
Digitalisierung und KI als Unterstützung
Auch Digitalisierung und künstliche Intelligenz (KI) könnten zur Entlastung beitragen. Digitale Terminverwaltung, Abrechnungs-Tools oder KI-gestützte Röntgendiagnostik können Arbeitsprozesse vereinfachen und ZFA im Alltag unterstützen. Trotzdem bleibt klar: Technik kann menschliche Zuwendung nicht ersetzen, sie kann aber dafür sorgen, dass mehr Zeit für die Patienten bleibt.
Attraktivität des Berufs stärken
Langfristig reicht es nicht aus, nur auf Digitalisierung oder moderne Geräte zu setzen. Damit der Beruf der ZFA wieder attraktiver wird, müssen sich die Rahmenbedingungen spürbar ändern: Faire Bezahlung, flexible Arbeitszeiten und eine echte Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind keine Extras, sondern Voraussetzung. Auch im Bewerbungsprozess ist ein Umdenken erforderlich – nicht nur Bewerber müssen überzeugen, sondern auch Praxen. Wer Wertschätzung zeigt, ein gutes Miteinander lebt und seine Praxisphilosophie offen kommuniziert, findet und behält die Fachkräfte, die er sucht.
Quelle:
- Dental & Wirtschaft, Fachkräftemangel in der Zahnmedizin: Ressourcen schaffen, Rahmenbedingungen verbessern.
- Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung: Fachkräftemangel wirkt sich auf Praxisalltag aus.
- Bundesagentur für Arbeit: Engpassanalyse.
- ZWP online: Zahnarztpraxen verzweifeln am Personalmangel: ZFA bleiben der größte Engpassberuf.
